Die Coronakrise hat auch zu einem beispiellosen Stillstand der weltweiten Passagierluftfahrt geführt.
PETER MALANIK: Die Situation ist tatsächlich beispiellos. Deswegen ist es auch so schwer, seriöse Vorhersagen zu machen. Ich halte es dennoch für wahrscheinlich, dass sich der Luftverkehr mit dem 4. Quartal 2020 langsam wieder zu normalisieren beginnt. 2021 werden wir noch mindestens ein Viertel unter dem Niveau von 2019 liegen und erst 2023 werden wir weltweit bei 90 Prozent des Niveaus von 2019 angekommen sein. In Europa wird alles länger dauern als im Rest der Welt, weil sich hier mehrere Themen überlagern: Corona wird dafür instrumentalisiert, andere, sachlich nicht zusammengehörige Themen voranzubringen: zum Beispiel CO2-Reduktion, gesellschaftlichen Wandel etc.

Sind staatliche Finanzhilfen wie bei Lufthansa oder Austrian Airlines gerechtfertigt?
Bei der Unterstützung systemrelevanter Airlines geht es ja nur sekundär um den Erhalt von Arbeitsplätzen. So geht es bei der AUA vielmehr darum, Wien als Drehscheibe zu den internationalen Zentren zu halten. Dies ist für den Wirtschaftsstandort Österreich maßgebend und lebensnotwendig. Denn es gibt zwar immer einige Strecken, die, wenn sie nicht mehr von der AUA geflogen würden, sofort von anderen Gesellschaften übernommen würden, weil die Nachfrage so groß ist. Das ist aber höchstens ein Drittel bis die Hälfte der von der AUA derzeit nach Wien geflogenen Destinationen. Alle anderen Strecken werden nur bedient, weil die AUA als Drehscheibe in der Lage ist, Umsteigverkehr zu transportieren. Dieser Teil würde nicht ersetzt werden. Keiner würde dann in Wien noch mal eine Drehscheibe aufbauen.

Wie sieht denn Ihr Zukunftsszenario des internationalen Passagierflugverkehrs aus?
Wir kommen aus den 1970er- und 80er-Jahren, in denen Fliegen exklusiv, teuer und auf zwei Zentren verteilt war: Europa und Nordamerika. Die Low-Cost-Fluggesellschaften, deren Entstehen politisch gewollt war und gefördert wurde, hat Fliegen für alle leistbar gemacht. Gleichzeitig wurde gewaltiges Wachstum geradezu erzwungen: Wenn die Erlöse pro Ticket so stark sinken wie in den letzten Jahren, müssen einfach sehr viel mehr Passagiere befördert werden, sonst geht sich keine Rechnung mehr aus – weder für die Netzwerkfluggesellschaften noch für die Billigfluglinien. Gleichzeitig sehen wir eine deutliche Verschiebung des Luftverkehrs von Europa an den Golf und nach Asien.

Bleiben wir in Österreich: Das Ende aller Zubringerflüge nach Wien ist absehbar. Was bedeutet das für Regionalflughäfen wie Graz oder Klagenfurt?
Natürlich müssen wir überlegen, was es für Graz oder Klagenfurt bedeuten würde, wenn die AUA die Flüge einstellen sollte. Mit den staatlichen Mitteln soll ja hoffentlich nicht nur dem Wirtschaftsstandort Wien geholfen werden, sondern Österreich im Ganzen.

Frage an den Aufsichtsratschef der Klagenfurter Flughafen GmbH: Komme ich von Klagenfurt noch jemals zu größeren Drehkreuzen?
Für Klagenfurt, genauso wie für die Kärntner Wirtschaft, ist die Anbindung an zumindest einen, besser zwei internationale und interkontinentale Drehscheiben essenziell. Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung, um Kärnten international anzubinden. Mehr kann ich dazu im Moment noch nicht sagen.