Ein Lichtstrahl am Horizont, ein wichtiges Signal, ein Zeichen zur Normalisierung.“ Als hätte exponentiell anwachsende Hoffnungslosigkeit einen Peak überschritten, reagierten gestern Wirtschaftsvertreter erleichtert, als wäre bereits die Öffnung Zehntausender Betriebe verkündet worden. In der Corona-Tristesse löste allein VizekanzlerWerner Koglers Aviso, die Regierung werde am Montag Fahrpläne für langsames Herauffahren der Betriebe verraten, Aufatmen aus.

Während der Nationalrat das dritte Coronapaket mit dem 15-Milliarden-Notfallfonds beschloss, erklärte Bundeskanzler Sebastian Kurz im Parlament, dass man mit dem langen Weg zurück zur Normalität beim Handel beginnen werde. Am Sonntag würden Experten beraten, wo und wann Betriebe wieder für die Kunden öffnen könnten. Oberste Maxime bleibe aber die Gesundheit, betonte Kogler. „Würden wir einfach aufsperren, würde das Spiel von vorne losgehen.“

Exit aus den Covid-19-Restriktionen

Der „CovExit“, der Exit aus den Covid-19-Restriktionen, soll mit einem Probegalopp im Handel mit gelockerten Zügeln gelingen: In den Zehntausenden Fachgeschäften vom Mode- bis zum Sporthandel soll es je nach Ladengröße eine limitierte gleichzeitige Kundenanzahl geben. Also Kopfzahl pro Quadratmetern. So soll sichergestellt werden, was der Bundeskanzler mit „Kulturwandel“ als Voraussetzung nannte: Abstand halten, Schutzmaske tragen.

„Das mag bei der Grundversorgung mit Brot und Klopapier gut funktionieren, bei Bekleidung wird es eine Herausforderung, wie Kunden darauf reagieren“, meinte „Kastner & Öhler“-Chef Martin Wäg, der auf eine Öffnung für den Mode- und Sporthandel noch im April hofft. „Ostergeschäft und ein Teil des Frühjahrsgeschäfts sind schon weg. Im Mai würden wir schon kurz vor Schlussverkauf stehen.“

Sonntagsöffnung zum Aufholen

„Händedesinfektion beim Betreten des Geschäftes“ erwartet als weitere Sicherheitsmaßnahme Hans Schmid, Eigentümer des Großkaufhauses Steffl in der Kärntner Straße in Wien. „Eine Security wird für kleine Boutiquen schon schwieriger.“ Auch Schmid erwartet eine Öffnung Ende April. „Dann unbedingt aber auch mit Sonntagsöffnung, damit der Handel eine Chance bekommt, wenigstens einen Teil des Schadens aufzuholen.“

Limitierte Kundenzahl nach Ladengröße

Bis Ostern wird sich aber wohl noch nichts ändern. „Der Zeitpunkt für schrittweise Öffnung ist noch unklar“ und werde „von den Gesundheitsexperten aufgrund der Ansteckungsraten entschieden“, sagte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.

„Wir brauchen Umsätze, wenn schon nicht in der Osterwoche, dann wenigstens gleich nach Ostern“, drängt Gerhard Wohlmuth, Obmann der Handelssparte in der Wirtschaftskammer Steiermark. „Mit den Hygienevorschriften und der Pro-Kopf-Zahl an Kunden pro Quadratmetern wird es gelingen. Das geht in kleinen Boutiquen wie in einer Apotheke.“ Im Autohandel seien die Leute auf den großen Halden ohnehin zerstreut, so Wohlmuth.

„Die Ankündigung baldiger Wiedereröffnung ist ein Lichtblick. Die Handelsbetriebe leiden sehr, am besten wäre eine Öffnung schon vor Ostern“, sagt auc Raimund Haberl, Obmann der Handelssparte in der Wirtschaftskammer Kärnten. „Für die Einhaltung der Hygienevorschriften sind die Österreicher mündig genug."

Handels-Bundessprecher Peter Buchmüller sieht es schon als Erfolg an, dass die fünf großen Handelskonzerne Rewe, Spar, Hofer, Lidl und Metro ab Karsamstag „aus Solidarität“ auf den Verkauf von einer Reihe von Non-Food-Artikeln verzichten würden.

Entschädigung bei Saisonware

Händlern mit verderblicher Ware oder Saisonware kommt jedenfalls der gestern beschlossene Notfallfonds mit Entschädigungsaussicht entgegen. „Jetzt kommt es darauf an, dass Unterstützung rasch bei den Unternehmen ankommt“, sagte der steirische Wirtschaftskammerpräsident Josef Herk. „Die Betriebe werden so nicht mehr lange durchhalten. Daher erwarte ich einen klaren Fahrplan für das Wiederhochfahren der Wirtschaft.“

„Die Maßnahmen sind wichtig für Liquidität zum Durchhalten und zum Wiederhochfahren“, sagte der Kärntner Wirtschaftskammerpräsident Jürgen Mandl. Sowohl das Coronapaket als auch eine Perspektive durch die Bundesregierung würden den Betrieben mehr Sicherheit geben. „Wir arbeiten zugleich auch intensiv an möglichen Szenarien für den Tourismus“, so Mandl.

Wirtesprecher warnt vor Kostenfalle

In der Gastronomie ist Mario Polka, Bundessprecher für 60.000 Wirtinnen und Wirte, froh, dass wenigstens das Abholen von Speisen im Lokal wieder möglich ist. Zur Öffnung werde es noch dauern. „Betriebe müssen dann vor der Kostenfalle aufpassen, wenn sie gleich wieder Mitarbeiter einstellen.“

Hotellerie braucht offene Grenzen

„Die Hotellerie hat es am brutalsten erwischt.“ Ohne offene Grenzen zu den Quellmärkten sieht ÖHV-Präsidentin Michaela Reiterer die Lage prekär. Wichtig ist, dass die Betriebe einmal Licht am Ende des Tunnels sehen.“ So ist auch für Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer und IV-Präsident Georg Kapsch „essenziell, dass es eine Perspektive zur Normalität gibt“.