Die Verhandler sind sich bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die Sozialwirtschaft auch in der fünften Runde am Montag nicht näher gekommen. So beharren die Gewerkschaften weiterhin auf die Einführung einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich. Das Angebot einer Arbeitszeitverkürzung auf betrieblicher Ebene sei nicht akzeptiert worden, hieß es von den Arbeitgebervertretern. Das bedeutet, dass ab Dienstag Warnstreiks in betroffenen Betrieben abgehalten werden.

"Die Arbeitgeber verweigern nach wie vor grundsätzlich das Gespräch über die Gewerkschaftsforderung nach der Einführung einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich", hieß es in einer Aussendung von GPA-djp und vida nach 13 Stunden Verhandlungen. Nachdem die Arbeitgeber in der dritten Runde bereits zu konstruktiven Gesprächen über eine mögliche Etappenlösung bereit gewesen seien, herrsche mittlerweile Gesprächsverweigerung.

"Haben Angebot gemacht"

"Wir haben ein Angebot zur Arbeitszeitverkürzung auf betrieblicher Ebene gemacht", berichtete Walter Marschitz, SWÖ-Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite. Denn: "Für alle können wir das nicht machen." Die Gewerkschaft habe dies abgelehnt. Zudem sei von der Arbeitgeberseite ein Angebot für eine Lohnerhöhung für die kommenden beiden Jahren gekommen. Im ersten würde eine solche 2,35 Prozent betragen, dann 2,7 Prozent.

"Erhöhen jetzt die Schlagzahl"

"Nachdem die Arbeitgeber nicht zu konstruktiven Verhandlungen bereit sind, erhöhen wir jetzt die Schlagzahl", sprach Eva Scherz, Verhandlerin für die GPA-djp, die ab Dienstag kommenden Warnstreiks an. "Die betrieblichen Abläufe werden dabei beeinflusst, es muss sich aber niemand um die Gesundheit oder Würde seiner Angehörigen sorgen." Die Kolleginnen und Kollegen brauchen eine Arbeitszeitverkürzung. Das werden sie bei den Streiks zeigen", meinte vida-Verhandlerin Michaela Guglberger.

35-Stunden-Woche

125.000 Beschäftigte im privaten Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereich fallen unter den Kollektivvertrag für die Sozialwirtschaft. Eine flächendeckende 35-Stunden-Woche wäre gleichbedeutend mit einer Lohnerhöhung um 8,6 Prozent. Die Arbeitgebervertreter lehnen das weiterhin als unfinanzierbar ab, vor allem in der stationären Pflege sei dies ein Problem. Die Gewerkschaft verweist dagegen auf die hohe Arbeitsbelastung in diesem Bereich.

Erste Warnstreiks am Dienstag

Erste Warnstreiks soll es nun schon am Dienstag geben, der Schwerpunkt liegt aber auf dem Tag darauf. Betroffen wäre in diesem Fall Arbeit, die verschoben werden kann, ohne direkt Menschen zu schaden, wie es die Gewerkschaft bereits zuvor angekündigt hatte. Eigene Beschlüsse sind für die Streiks nicht notwendig, da diese bereits für den Fall des Scheiterns auf Vorrat gefällt worden sind.

"In der fünften Runde haben die Arbeitgeber lediglich vorgeschlagen, die Entscheidung über eine mögliche 37-Stunden-Woche in die Betriebe zu verlagern", kritisierte die Gewerkschaft in der Nacht via Aussendung.

Verhandlerin Michaela Guglberger (Vida) erklärte um Mitternacht im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, dass das Angebot der Arbeitgeber eine Entgelterhöhung von 2,35 % für heuer sowie 2,7 % für nächstes Jahr vorgesehen habe. Das hätte einer Verkürzung der Arbeitszeit um eine Stunde entsprochen. "Grundsätzlich wollte man das Thema Arbeitszeit in Betriebsvereinbarungen auslagern, was die Gewerkschaft ablehnt, weil dann nicht alle profitieren."

Der nächste Verhandlungstermin wurde laut Gewerkschaft für den 17. Februar vereinbart.

Der Verhandlungstag im Rückblick

Im Ringen um den Kollektivvertrag für 125.000 Beschäftigte in der privaten Sozialwirtschaft galt der Montag als entscheidender Tag.

Um 13 Uhr trafen die Verhandlungsteams in Wien erstmals aufeinander, um die Tagesordnung zu besprechen, die Verhandlungen selbst begannen um 14.30 Uhr. Dabei war im Vorfeld schwer einzuschätzen, ob es zu einem Verhandlungsmarathon kommt oder die Runde rasch wieder beendet wird. Dann stehen die Zeichen wohl auf Streik. Vieles deutet darauf hin, zu weit befanden sich die Positionen der Sozialpartner zuletzt auseinander. Auch nach der ersten Stunde zeichnete sich kein Kompromiss ab, die Patt-Stellung sei unverändert, meinte Eva Scherz von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA).

Der Knackpunkt

"Es hängt davon ab, wie groß die Gesprächsbereitschaft der anderen Seite ist", sagt Walter Marschitz, Verhandlungsleiter der Sozialwirtschaft (SWÖ), zur Kleinen Zeitung. "Ob die Gewerkschaft auch über etwas anderes reden will als über ihre Maximalforderung. Wir werden vom Verhandlungstisch nicht aufstehen."

Verhandler Michaela Guglberger, Walter Marschitz und Eva Scherz (GPA, von links)
Verhandler Michaela Guglberger, Walter Marschitz und Eva Scherz (GPA, von links) © APA/HELMUT FOHRINGER

Der Knackpunkt ist die Forderung der Gewerkschaften Vida und GPA nach einer 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich. Davon rückt die Arbeitnehmerseite nicht ab. Die Arbeitgeberseite hat dies bisher abgelehnt und stattdessen eine Lohnerhöhung um 2,35 Prozent angeboten.

"Das ist kein Angebot", wehrt Michaela Guglberger, Verhandlerin der Gewerkschaft, dieses Offert im Gespräch mit der Kleinen Zeitung ab. "Dadurch verbessert sich das Leben der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in dieser Branche nicht. Wir erwarten uns mehr von den Arbeitgebern, als ,Es fällt uns nichts ein'."

Inhaltliche Annäherungen

Der ÖGB hat Ende Jänner die Streikfreigabe erteilt, in den Betrieben des Pflege-, Gesundheits- und Sozialbereiches wurden seither Vorbereitungen für eine Arbeitsniederlegung getroffen. Auch 2019 und 2018 kam es zu diesen Kampfmaßnahmen. "Wir haben sehr intensive Vorbereitungen auf die Warnstreiks registriert. Aber wir sehen das nicht als unfreundlichen Akt", betont Marschitz.

Die Verhandler
Die Verhandler © APA/HELMUT FOHRINGER

In den bisherigen Gesprächsrunden ortete Guglberger zwar inhaltliche Annäherungen. "Es gab Ansätze, wo wir eine Etappenlösung für die  Einführung einer 35-Stunden-Woche besprochen haben." Von einem Durchbruch aber war man bis jetzt weit entfernt. "Bewegen müssen sich die Arbeitgeber", sagt Guglberger.

Zu wenige Pflegekräfte

"Durch den Fachkräftemangel würde eine Arbeitszeitverkürzung die Versorgungslage in den Pflegeheimen akut zuspitzen. Aus Verantwortung gegenüber den uns anvertrauten Menschen und ihren Angehörigen, aber auch gegenüber den verantwortungsvollen Beschäftigten in diesem Bereich, können wir eine derartige Situation nicht zulassen", so begründete Marschitz nach der bislang letzten Verhandlungsrunde das Nein zur 35-Stunden-Woche. Schon derzeit führe der Personalmangel in Pflegeheimen dazu, dass zahlreiche benötigte Plätze nicht angeboten werden könnten. Diese Situation wäre durch eine Arbeitszeitreduktion verschärft worden, so Marschitz.