Es war ein nächtlicher Paukenschlag: Kurz vor der Wahl hat der Nationalrat auch Änderungen im Pensionsrecht beschlossen. Wer 45 Jahre gearbeitet hat, soll abschlagsfrei in Pension gehen können. Was bedeutet das genau, welche Details sind zu beachten. Ein Überblick.

Was hat der Nationalrat mit der neuen Hacklerregelung beschlossen?
Im Wesentlichen heißt es, dass wer 45 Jahre gearbeitet hat, am 1. Jänner 2020 mit 62 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen kann.

Wen betrifft die neue Regelung?
Da die Regelung mit 1. Jänner 2020 in Kraft tritt, sind auch nur Pensionsantritte ab diesem Datum betroffen. Es gilt, sofern 45 Arbeitsjahre vorliegen, für die Langzeitversichertenpension („Hackler“) ab dem 62. Lebensjahr, für die Schwerarbeitspension ab dem 60. Lebensjahr und in wenigen Fällen für die Invaliditätspension. Es gilt für ASVG-Versicherte, für Bauern und Selbstständige. Bis zum Jahr 2024 fallen ausschließlich Männer unter diese Begünstigung, da Frauen bis dahin ab dem 60. Lebensjahr ohnehin eine abschlagsfreie Alterspension antreten können.

Für wen gilt die Hacklerregelung nicht?
Für Beamte. Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst forderte Beamtenminister Eduard Müller auf, für eine Ausweitung der Regelung zu sorgen. Vertragsbedienstete des Bundes fallen hingegen unter die Regelung, da sie wie Arbeitnehmer der Privatwirtschaft ASVG-versichert sind.

Was ist mit jenen Menschen, die seit der Abschaffung der alten Hacklerregelung in Pension gegangen sind?
Auch sie – laut Gewerkschaft Bau-Holz geht es um 49.000 Personen mit langen Versicherungszeiten – werden in der neuen Regelung nicht berücksichtigt. Ein Antrag der SPÖ, auch ihnen die Abschläge zu erlassen, fand im Nationalrat keine Mehrheit.

Wie werden ein Präsenzdienst und wie Kinderbetreuungszeiten angerechnet?
Bei der neuen Regelung gilt der Präsenzdienst nicht mehr als Beitragszeit, angerechnet werden aber 60 Monate Kindererziehungszeiten.

Wie viel Geld mehr bleibt Betroffenen durch die neue Regelung?
Die Abschläge von bis zu 12,6 Prozent (4,2 Prozent für Langzeitversicherte pro Jahr) entfallen. Die Arbeiterkammer liefert eine Berechnung: Bei Langzeitversicherten liegen Pensionen nach 45 Arbeitsjahren im Schnitt bei 2553 Euro brutto (1956 Euro netto) monatlich. Der Wegfall der Abschläge bewirkt eine Erhöhung auf 2921 Euro brutto (2170 netto) im Monat und einen Anstieg um brutto 5152 Euro bzw. netto 3226 Euro jährlich (inklusive Sonderzahlungen).

Lässt sich ein im Herbst 2019 geplanter Pensionsantritt noch bis Jänner verschieben?
Die Arbeiterkammer rät allen, die im Oktober, November oder Dezember in
Pension gehen wollen und die 45 Arbeitsjahre erreicht haben (bzw. auch jenen, denen nur noch wenig bis zum Erreichen derselben fehlt), einen Aufschub auf 2020 prüfen zu lassen. Für Informationen zu den Änderungen im Pensionsrecht bietet die AK außerdem ein Servicetelefon unter der Nummer (01) 50165 1204 an– täglich von 8 Uhr bis 15.45 Uhr.

Welche Kosten entstehen damit der öffentlichen Hand?
Im kommenden Jahr kostet die neue Hacklerregelung laut Finanzministerium 380 Millionen und 2021 390 Millionen Euro. Hinzu kommen durch die Abschaffung der einjährigen Wartefrist für die erste Pensionserhöhung 15 (2020) bzw. 30 Millionen Euro (2021).

Kann sich Österreich das leisten?
Einer der schärfsten Kritiker dieser Politik, Franz Schellhorn, Gründer der Agenda Austria, spricht von „parlamentarischem Wahnsinn“ und „ungedeckten Schecks“. Österreich müsse jährlich 20 Milliarden Euro aus dem Budget für die Pensionen aufwenden. 2015 kamen auf eine Person im Pensionsalter in Österreich 3,5 Menschen im Erwerbsalter, 2050 werden es nur noch 1,7 sein, so die OECD. Auch Pensionsexperte Bernd Marin bezeichnete die Maßnahme als „Unfug“, denn sie konterkariere Bemühungen, das Pensionsantrittsalter zu erhöhen. Fakt ist, der Bundeszuschuss zu den Pensionen ging 2015 bis 2017 zurück und stieg 2018 wieder an.

Könnte die neue Hacklerregelung noch vor Jänner wieder aufgehoben werden?
Theoretisch ja, der neue Nationalrat soll sich am 23. Oktober konstituieren. Die erste Hacklerregelung, die 2008 ebenfalls kurz vor der Wahl beschlossen wurde, überlebte immerhin bis 2014.