Die Zahl ist schwindelerregend hoch, untermauert aber die Bedeutung, die betriebliche Weiterbildung mittlerweile hat. Auf rund 40 Milliarden Euro wird der Weiterbildungsmarkt in Österreich, Deutschland und der Schweiz geschätzt, Tendenz steigend. Das ist zumindest das Ergebnis einer aktuell vorgelegten Studie der Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung.

Befragt wurden dafür (von Makam Research) Führungskräfte und Personalverantwortliche 500 österreichischer Firmen (ab 20 Beschäftigten). Demnach plant fast jedes vierte Unternehmen (23 Prozent) das Budget für Weiterbildung heuer aufzustocken, nur vier Prozent erwarten sinkende Ausgaben. Lebenslanges Lernen werde „als wichtigstes bildungspolitisches Thema in den nächsten Jahren“ gesehen, so eine Conclusio der Studie.

Technik und Produktion erstmals an erster Stelle

Christian Bayer, Obmann der Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung, sieht sich bestätigt. „Bei Themen wie Digitalisierung, Innovation, Fachkräftemangel und Internationalisierung kann Weiterbildung ein Treiber sein“, sagt er der Kleinen Zeitung.

Zum ersten Mal liegen Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Technik und Produktion an erster Stelle, sie werden von 39 Prozent der Befragten dorthin gereiht. Diese Verschiebung – „in den letzten Jahren waren Verkaufstrainings, Marketing und Persönlichkeitsentwicklung voran“ – führt Bayer auf Digitalisierung und Automatisierung in der Industrie zurück. „Ich denke, dieser Trend wird drei bis vier Jahre anhalten.“

Mittel gegen den Fachkräftemangel

Der akute Mangel an Fachkräften, der sich in den nächsten Jahren durch die demografische Entwicklung noch verschärfen dürfte, spielt den Weiterbildern in die Hände. Bayer, er ist auch Geschäftsführer der TÜV Austria Akademie: „Aktuell sprechen zwei große Firmen mit uns über Umschulungskurse. Es geht darum, Wenigerqualifizierte auf einen höheren Level zu bringen.“ Weiterbildung werde auch ein großes Thema sein, um gute Mitarbeiter im Betrieb zu halten. „Das kann wie ein Bonus wirken.“

Die Unternehmen bestätigen das: Der klare Fokus liege auf der Höherqualifizierung von Mitarbeitern, was als Resultat der in vielen Branchen vorherrschenden Fachkräfteproblematik zu werten ist, wie 85 Prozent der Befragten anführen. Sieben von zehn Unternehmen sehen Führungskräfteprogramme als wichtigen Trend, 61 Prozent führen das Thema Digitalisierung unter den drei wichtigsten Trends in der Weiterbildungsarbeit an. Rasant an Bedeutung gewinnt der Bereich der IT- und Datensicherheit.

Aus Sicht Bayers spreche also viel dafür, dass Unternehmen ihre Budgets für die Aus- und Weiterbildung der Belegschaft weiter erhöhen. „Es gibt eine gewisse Bewegung. Ich meine aber, dass wir in Österreich viel mehr Weiterbildung brauchen.“

333 Euro pro Kopf und Jahr

In der beruflichen Weiterbildung betrage das jährliche Budget in Österreich rund eine Milliarde Euro. Bei drei Millionen Berufstätigen bleiben pro Kopf also gerade einmal 333 Euro im Jahr für die Weiterqualifizierung. „Wenn man das vergleicht mit den Ausgaben für die Schulausbildung, liegen wir dort beim Faktor zehn“, sagt Bayer.

Spannend fällt in der Studie auch der Blick auf das Wie und Wo aus, also die Frage, welche Kanäle für die Weiterbildung genutzt werden. Laut Studie entfallen satte 63 Prozent der Weiterbildungsmaßnahmen auf reine Präsenztrainings, 18 Prozent auf rein digitale Lernformen und 17 Prozent auf Blended Learning, also die Kombination aus verschiedenen Methoden und Medien. Insgesamt führen aber bereits 68 Prozent der Unternehmen an, digitale Lernformen einzusetzen, am beliebtesten sind dabei Lernvideos und Webinare.

Digitales Lernen gewinnt nur langsam

Bayer: „Der Einsatz digitaler Lernformen ist ein langsamer Trend, keine Revolution. Es gibt aber mehr Möglichkeiten, als wir uns jetzt noch zutrauen.“

Viele entscheiden sich bei der Ausbildung bewusst für die Präsenzform. Der Grund: „Es gibt eine andere Dynamik. Man profitiert von der Vielfalt der Personen und ihrer Zugänge und kann sich ein Netzwerk aufbauen.“

Christian Bayer, Obmann der Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung
Christian Bayer, Obmann der Plattform für berufsbezogene Erwachsenenbildung © PBEP/Weinkirn

Marktführer in Österreich sind das Wifi und das BFI mit je rund 20 Prozent Anteil. Als größter privater Schulungsanbieter gilt die steirische bit-Gruppe. 2018 haben beim Wifi Steiermark 37.900 Bildungshungrige Kurse gebucht, das steirische BFI zählt 35.000 Teilnehmer pro Jahr. Dahinter folgen 10 Anbieter mit 10 bis 30 Millionen Euro Umsatz – darunter auch die Mitglieder der Plattform.

400 Unternehmen sind zertifizierte Qualitätsanbieter, weitere bis zu 6000 Firmen (darunter auch Kleinstunternehmen) sind im weiteren Sinne in der Weiterbildung tätig. Dazu drängt – vor allem über das Netz – Konkurrenz aus dem Ausland herein. Wie trifft man da die richtige Wahl?

Von der Qual der Wahl

„Eine professionelle Personalabteilung tut sich da ein Stück leichter. Im Firmenbereich ist die Weiterempfehlung bisheriger Teilnehmer sehr wichtig. Viele Betriebe pflegen Partnerschaften zu mehreren Anbietern“, sagt Bayer. Wenn sich jemand privat weiterbilden wolle, könne man auch auf das Wissen des Arbeitgebers zurückgreifen.

„Ich würde mir eine Short List von drei bis vier Anbietern machen und diese anschreiben. Innerhalb eines Tages müsste jeder professionelle Anbieter eine aussagekräftige Antwort schicken – zum Beispiel mit einem Gesprächsangebot.“ Es sollten klare Informationen über den Kursinhalt und den Wert des Abschlusses vorliegen. „Ich halte es für sehr sinnvoll, Hürden einzubauen, und sei es nur ein kleiner Abschlusstest.“