Arbeitnehmervertreter haben wegen der Arbeitszeitflexibilisierung und befürchteter sozialer Einschnitte seitens der Bundesregierung zuletzt oftmals einen "heißen Herbst" bei den Lohnverhandlungen angekündigt. Auf dieses Thema angesprochen waren Industrievertreter am Dienstag vor Journalisten bemüht, den Ball flach zu halten. Man sei guter Dinge, dass die Verhandlungen im Herbst gut laufen werden.

"Wir gehen davon aus, dass die Verhandlungen im Herbst in einem passablen Rahmen stattfinden", sagte der Vizegeneralsekretär der Industriellenvereinigung, Peter Koren, auf Journalistennachfragen am Rande einer Pressekonferenz am Dienstag in Wien. "Unser Bestreben ist es, die Politik und konkrete Lohnverhandlungen möglichst auseinanderzuhalten."

Hoffen auf Beruhigung

Koren hoffte, dass sich die Situation "über den Sommer eher beruhigen wird". "Wir hören aus vielen Gesprächen unserer Mitglieder im direkten Kontakt mit Belegschaftsvertretern vor Ort, dass die Stimmung nicht so aufgeheizt ist, wie in der gesamten Debatte. Daher sind wir positiv gestimmt, dass die Lohnverhandlungen im Herbst gut über die Bühne gehen werden", so der Industriellenvertreter.

Auf die Frage, ob die Änderungen bei der Tages- und Wochenhöchstarbeitszeit den ohnehin abflauenden Beschäftigungsaufbau weiter bremsen könnte, sagte IV-Chefökonom Christian Helmenstein: "Ganz im Gegenteil: Die Wettbewerbsfähigkeit steigt durch flexible Arbeitszeiten. Dann könne Aufträge besser erfüllt und zusätzliche Aufträge lukriert werden. Das bedeutet also einen Wachstumsschub."

Gewerkschaften bereiten sich vor

Die Gewerkschaften bereiten sich indes auf eine harte Herbstlohnrunde vor. Im September wird es erstmals eine Konferenz aller Kollektivvertragsverhandler aller Gewerkschaften, also aller Betriebsräte aus ganz Österreich, geben, kündigte ÖGB-Chef Wolfgang Katzian zuletzt an. Zugleich forderte er ein Anrecht auf eine Vier-Tage-Woche.

Auch der Vorsitzende der Produktionsgewerkschaft PRO-GE und der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG), Rainer Wimmer, ging von einer harten Herbstlohnrunde aus: "Für die Lohnrunde werden alle Gewerkschaften eine einheitliche Linie festlegen. Die Lohnrunde wird 'heavy' werden, das kann ich schon einmal versprechen", so Wimmer. Es werde dabei nicht nur um mehr Geld gehen. Man werde die Regierung und die Industrie beim Wort nehmen und die versprochenen langen Freizeitblöcke als Ausgleich zum Zwölf-Stunden-Tag verlangen.

Konjunktur lässt nach

Österreich befindet sich nicht nur wettermäßig im Hochsommer, sondern auch konjunkturell. Aber zum Sommer gehören Gewitter - und Gewitterwolken ziehen derzeit auch am Konjunkturhimmel auf. So erklären der Vizegeneralsekretär der Industriellenvereinigung (IV), Peter Koren, und Chefökonom Christian Helmenstein die aktuelle Wirtschaftslage anhand des neuesten IV-Konjunkturbarometers am Dienstag.

"Derzeit befinden wir uns noch in einer Hochphase. Aber in den kommenden Quartalen wird eine Verringerung des Expansionstempos erwartet", sagte Koren am Dienstag in Wien vor Journalisten. "Mit einer saisonal bereinigten Wachstumsrate von real exakt 10 Prozent im ersten Quartal des heurigen Jahres gegenüber demselben Vorjahresquartal war die Warenproduktion die treibende Kraft des wirtschaftlichen Erfolges in Österreich, jedoch hat sie ihren konjunkturellen Zenit im Jahresauftaktquartal erreicht und inzwischen durchschritten", erklärte Helmenstein.

Die Erwartungen an die kommenden sechs Monate sind im Vergleich zu den vergangenen Erwartungen recht deutlich zurückgegangen - von mehr als 20 auf 10 Punkte im IV-Konjunkturbarometer. Der Konjunktursommer in Österreich endet also allmählich. "Das heißt aber nicht, wir erwarten derzeit den Winter", so Helmenstein. Das Wachstumstempo werde sich viel mehr normalisieren, so der Experte.

Arbeitskräfteknappheit

Die IV rechnet mit einem realen BIP-Wachstum von 1,75 bis 2 Prozent im kommenden Jahr - also im Bereich des Potenzialwachstums von 1,8 Prozent. Unter anderem wirke sich die enge Verflechtung mit Deutschland aus, wo eine Arbeitskräfteknappheit das Wachstum bremst. Hierzulande bleibe die Einstellungsneigung gut, werde sich aber auch etwas abschwächen.

"Die Abschwächung des Wachstums von heuer auf das kommende Jahr ist durchaus beachtlich", sagte der IV-Chefökonom. Fiskalisch (also fürs Staatsbudget) bleibe die Einnahmendynamik kommendes Jahr noch "gut". 2020 sei aber auch hierbei mit einer Abschwächung zu rechnen, also brauche es Ausgabenreformen.

Die Gewitterwolken kommen konjunkturell, wie beim Wetter auch üblich, von weit her, sagte Koren. Es gehe um die Handelskonflikte, die Modalitäten und teils unstrukturierte Vorgänge rund um den Brexit und auch Rohstoffpreise bzw. die Ölversorgung (Stichwort Iran). "Aber auch national ist einiges zu bewerkstelligen, vor allem im Bildungssystem müssen Hausaufgaben gemacht werden", sagte der Industrievertrerter.