Nicht nur in Europa kämpfen Milchbauern mit den fallenden Preisen für ihr Produkt. Auch in Indien bestimmt vielfach die Produktivität der Kühe über ihr Schicksal. Das Land hat seine Milchproduktion seit den 1970er Jahren vervierfacht. Gibt eine Kuh zu wenig Milch, endet sie daher oft auf den Tellern der muslimischen Inder oder wird nach Bangladesh verkauft.

Allerdings stellen Hindus die Mehrheit der indischen Bevölkerung und Kühe sind in der Religion heilige Tiere. Der indische Regierungschef Narendra Modi hat daher ein Programm ins Leben gerufen, dass den Kühen ein Leben bis zu ihrem natürlichem Ende sichern soll. Es werden Auffangstationen gebaut und Firmen werden gefördert, wenn Kuhprodukte abseits der Milch verarbeiten.

Eines dieser Produkte findet in Indien inzwischen reißenden Absatz: Urin. Laut dem Börsendienst Bloomberg werden für destillierten Kuh-Urin zwischen 1,10 und 1,35 Euro pro Liter bezahlt. Damit ist das Produkt teurer als Milch.

Heilende Wirkung

Laut der Ayurveda-Lehre hat Kuh-Urin therapeutische und heilende Wirkung. Bis zu 30 Heilmittel lassen sich daraus herstellen. Selbst auf Amazon kann man in Indien destillierten Kuh-Urin kaufen.

Doch auch die Schönheitsindustrie setzt auf den Blaseninhalt der Rinder. Das Unternehmen "Patanjali Ayurveda" macht daraus Seifen, Elixiere und Desinfektionsmittel und erzielt damit ähnliche Umsatzzahlen wie die Kosmetik-Konzerne Colgate-Palmolive, Unliver oder Nestle. Der Bestseller des Unternehmens: Der Bodenreiniger Gaunyle.

Doch bevor Europas Milchbauern nun ihr Heil in Kuh-Urin suchen: Große indische Milchproduzenten geben zu bedenken, dass das Produkt die Kosten eines Kuhlebens nicht aufwiegen. Eine Kuh lebt schließlich gut 15 Jahre.