Schon der Titel des Wirtschaftstalks der Kleinen Zeitung im Restaurant „nullneun“ in Graz-Liebenau versprach Spannung: „Mobilität im Wandel: Ein Blick auf die Straßen von morgen“. Martin Fellendorf, TU-Professor am Institut für Straßen- und Verkehrswesen gilt als ausgewiesener Experte auf dem Gebiet – und überraschte: „Es ist ein Verteilungskampf um Verkehrsflächen im Gange“, sagte er gleich einleitend. Man könne Graz aber nicht umbauen, die Struktur sei so vorgegeben. Den Verkehr einzuschränken sei trotzdem schwierig, aufgrund der vielfältigen Ansprüche der Bevölkerung (Pendler, Handwerker etc.). Die erste Frage, die Moderator Ernst Sittinger in den Raum stellte, war entwaffnend ehrlich: Wie könne man – sinngemäß – die Bequemlichkeit, die ein Auto bietet, durch andere, öffentliche Verkehrsformen ersetzen.

Fellendorf wies vor zahlreichen steirischen Wirtschaftstreibenden offen darauf hin, dass „unser Öffentlicher Verkehr einfach zu langsam“ sei, die Straßenbahnen würden zu oft im Stau stehen, weil es keine eigenen Gleiskörper-Bereiche gebe. Dadurch sei man in bestimmten Entfernungsbereichen langsamer als das Auto – das sei in der Neustrukturierung des Verkehrs keine gute Voraussetzung. Und Geld nur in den Schienenausbau zu stecken, bringe eine relativ geringe Wirkung. Es gehe vielmehr darum, das gesamte System (Schnelligkeit, Komfort etc.) zu verbessern. Der volkswirtschaftliche Verlust durch die vielen Auto-Staus sei aber enorm. Man müsse etwas unternehmen.

Die Frage, welche Verbesserungen es für jeden einzelnen gebe, was jeder Einzelne gewinne, wenn man die Autos aus der Stadt verbannt, sei nur vielschichtig zu beantworten. Klima, Lebensqualität seien Themen, aber auch die Verbannung der Autos im Bereich Grazer Hauptplatz/Herrengasse sei schwierig und umstritten gewesen – heute sei das Lebensqualität. Auch die Frage, ob die klassische Straßenbahn auf Schienen nicht zu unflexibel sei, wurde diskutiert. In Brisbane, Australien, gebe es eine Straßenbahn auf Rädern, die flexibel auf Stausituationen reagieren könne – so etwas sei günstiger und schneller als das starre Straßenbahnsystem in Graz.

Eines steht für Fellendorf fest: Park-and-Ride Bereiche sollten soweit außerhalb der Stadt wie möglich installiert werden – und das in großer Zahl.

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