Die Raiffeisen Bank International (RBI) will sich von ihrer belarussischen Tochter Priorbank trennen und befindet sich in dazu „fortgeschrittenen Verhandlungen“ mit der emiratischen Soven 1 Holding Limited. Das teilte das Geldhaus am Mittwoch in einer Aussendung mit. Die Veräußerung würde den Ausstieg der RBI aus dem belarussischen Markt bedeuten. Gleichermaßen ginge damit ein Verlust in Höhe von 225 Mio. Euro auf Konzernebene einher.

Dieser ergebe sich aus der Differenz zwischen Buchwert des Eigenkapitals und dem erwarteten Kaufpreis. Zum Ende des Geschäftsjahres 2023 wurde das Eigenkapital der RBI-Tochter in Belarus mit 503 Mio. Euro ausgewiesen. Die Zahl entspricht jedoch nicht genau dem derzeit intern zugewiesenen Buchwert, erklärte ein Sprecher gegenüber der APA. Wie hoch dieser sei, darüber sei Stillschweigen vereinbart worden.

Zusätzlich zu dem Verlust von 225 Mio. Euro, die beim Closing des Verkaufs anfallen würden, würde durch den Abschluss der Transaktion in der Erfolgsrechnung des RBI-Konzerns ein negativer Effekt von etwa 450 Mio. Euro entstehen, so die RBI. Begründet wird dieser mit der „Umgliederung überwiegend historischer Währungsverluste“, die bis zum Closing im sonstigen Ergebnis erfasst werden. Der weißrussische Rubel hat seit dem Jahr 2011 massive Verluste gegenüber dem Euro eingefahren.

Währungsverluste

Hintergrund ist, dass Währungsabwertungen sich zwar laufend als Kapitaleffekt niederschlagen, in der Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) jedoch nicht aufschlagen. Mit dem Verkauf müssten die Währungsverluste jedoch einmalig in der GuV verrechnet werden, sagte der Sprecher. Der erwartete Effekt auf die für Banken wichtige harte Kernkapitalquote wäre dementsprechend „minimal“, schreibt die RBI in der Aussendung. Als minimal stuft die Bank einen Effekt ein, der in etwa „10 Basispunkte nicht deutlich überschreitet“, sagte der Sprecher.

Gebunden ist der Abschluss der Transaktion den Angaben zufolge unter anderem an den Nachweis der Finanzierung durch den Investor einschließlich der Bereitstellung der gesamten Besicherung des Kaufpreises. Die potenzielle Höhe der Kaufsumme bei Zustandekommen des Deals wurde nicht genannt.

112 Millionen Euro Gewinn 2023

Die RBI hält 87,74 Prozent an der Priorbank JSC, an der die österreichische Raiffeisen-Gruppe bereits seit 2002 beteiligt ist. Im Geschäftsjahr 2023 schrieb die RBI-Tochter einen Gewinn von 112 Mio. Euro, bei einem Nettozinsüberschuss von 86 Mio. Euro und einem Provisionsüberschuss von 128 Mio. Euro. Das Kundenkreditvolumen lag bei 691 Mio. Euro. Die Bank hat rund 1.600 Mitarbeiter, 45 Filialen und eine Million Kunden. Seit Beginn des Ukraine-Krieges hat die RBI ihr Geschäft in Belarus massiv reduziert.

Zeitpunkt unklar

Unter Druck steht die RBI vor allem in Russland, wo das Geschäft ebenfalls stark runtergefahren wurde und derzeit ein Verkauf bzw. eine Abspaltung der Tochterbank angestrebt wird. Bis wann eine Transaktion durchgeführt werden könnte, ist allerdings seit längerem unklar. RBI-Chef Johann Strobl verwies in den vergangenen Monaten immer wieder darauf, dass ein Verkauf oder eine Abspaltung sehr schwierig umzusetzen seien und vieler behördlicher Genehmigungen bedürfen.

Um aber zumindest weiteres Exposure in Russland abzubauen, versucht die RBI derzeit parallel, die Strabag-Anteile des russischen Oligarchen Oleg Deripaska zu erwerben. Das wäre nur über einige Umwege möglich, so müsste Deripaska seinen Anteil zunächst an die russische Aktiengesellschaft Iliadis JSC übertragen, damit die Raiffeisen Russland diese erwerben kann, ohne Sanktionen zu brechen.

Aktienkurs unverändert

Danach könnte die Raiffeisen Russland die Anteile in Form einer Sachdividende an die RBO übertragen, so die Idee der Bank. Ob der Deal klappt, ist noch nicht fix. Die RBI zeigte sich zuletzt jedoch zuversichtlich und hoffte auf einen Abschluss noch im ersten Quartal 2024, also bis Ende März.

Der Kurs der RBI-Aktie bewegte sich am Mittwochnachmittag im Zuge der Nachricht nicht wesentlich vom Fleck. Die Papiere standen zuletzt um 0,5 Prozent im Plus bei 19,73 Euro.