Am Donnerstag hat Tamira Paszek mit ihrer Öffentlichmachung einer Todesdrohung eines Wettverlierers gegen sie für Schlagzeilen gesorgt. Doch Cybermobbing ist nicht nur im Tennis durch enttäuschte Leute, die oft sehr viel Geld auf Match-Resultate setzen, seit Jahren traurige Normalität. Die Politik scheint national wie international machtlos, auch in anderen Bereichen herrscht im Internet ein scheinbar rechtsfreier Raum. Darunter leiden u. a. auch viele Tennisstars.

Abhängig von der Persönlichkeit der Sportler können die Hasstiraden aber auch unter die Haut gehen. Nicht so bei Sebastian Ofner, der am Freitagabend nach seiner nach einem Matchball erlittenen Niederlage im Davis Cup gegen Joao Sousa in Portugal die Sache relativ cool betrachtete. "Ich habe schon nachgeschaut, da gibt es genug. Da raschelt es dann immer rein", erzählte er mit einem Lächeln zu bereits erhaltenen Negativnachrichten. "Ich weiß, dass es manchen Spielern mehr am Herzen liegt, mir ist es komplett wurscht."

"Man weiß nie, was passieren kann"

Etwas mulmig ist aber auch dem Steirer bei zwei besonderen Drohungen geworden. "Wenn einer schreibt, er kommt zum nächsten Turnier und wird mich dann erledigen." Das habe er dann schon der ATP gemeldet. "Man weiß nie, was passieren kann."

Einen besonderen Shitstorm hatte Ofner dieses Jahr in Kitzbühel erhalten, als er nach einer 6:4-, 5:0-Führung und Matchbällen noch verloren hatte. "Da waren unter einem Bild vor dem Match 30 bis 35 Kommentare, danach waren es 350. Da habe ich die Kommentare deaktiviert und private Nachrichten waren es über 200." Diese Kommentare muss man dann auch schon aus Rücksichtnahme auf andere, vielleicht auch weit jüngere Leser löschen.

"Ab und zu kann es wirklich wehtun"

Auch Jurij Rodionov hat sich schon eine dicke Haut zulegen müssen. "Ab und zu kann es wirklich wehtun, wenn es eine bittere Niederlage ist und man am Boden zerstört ist. Wenn man solche Kommentare liest, helfen die einem nicht, aber das gehört leider dazu." Einen Ausweg sieht er nicht. Man könne sein Konto vielleicht auf privat stellen. "Aber diesen Account habe ich ja für meine Fans und die Medien."

Die Nutzung der sozialen Netzwerke gehört für den gebürtigen Nürnberger mit weißrussischen Wurzeln zu seiner täglichen Routine. Ein Verzicht kommt für ihn nicht infrage. Er glaubt, dass "es für Frauen schlimmer ist, weil Frauen viel persönlicher angegriffen werden". Als Teenager habe er einmal einem Kritiker geantwortet, erinnerte sich Rodionov. "Ich habe gesagt, 'komm, dann prügeln wir uns'. Oft ist rausgekommen, 'es tut mir leid, ich habe die Summe x verloren'. Ich verstehe nicht: Wenn man selbst Geld wettet, und dann der Spieler verliert, dass man dann die Schuld dem Spieler gibt."

"Schlimm ist, dass es normal geworden ist"

Dennis Novak hat auch schon genügend Erfahrungen mit Hass aus dem Netz. "Mittlerweile ist mir das schon ziemlich egal. Das Schlimme ist, dass das schon normal geworden ist. Dass so was normal wird, ist überhaupt schon einmal eine absolute Frechheit. Es geht eh jedem so – nach jedem Match kriegt jeder weiß ich wie viele Nachrichten. Ich gehe rein, lösche das einfach und schaue es mir gar nicht mehr an", ist Novaks Vorgangsweise.

"Schlimm ist nur, dass meine Freundin auch manchmal Nachrichten kriegt, und es auf die ganze Familie geht. Das geht über eine Grenze, die nicht mehr akzeptabel ist." Besonders viel hat er mit dem deutschen Spieler und Freund Dustin Brown über die Thematik gesprochen. Weil dieser jamaikanische Wurzeln hat und schwarz ist, erhält dieser noch schlimmere Nachrichten. Eine Handhabe gegen anonyme Attacken gibt es kaum. "Das hat ihn schon sehr belastet. Er hat schon vieles probiert, aber es ist nie eine Lösung rausgekommen", meinte Novak.

Dass derartige Drohungen auch wahr gemacht werden, hat noch keiner der Spieler mitbekommen. "Die meisten sagen wahrscheinlich kein Wort, wenn du sie persönlich triffst. Vor dem Handy kann jeder groß reden", meint Novak.

Anonymität des Internets als Problem

Als einzig mögliche Lösung für die Problematik scheint klar, dass man im Internet Kommentare nur via verifizierte, personalisierte Konten zulassen und Missbrauch hart bestrafen muss. Für ÖTV-Präsident Martin Ohneberg ist die Anonymität auch ein Rätsel, sagte er zur APA: "Das Internet ist das einzige Instrument, wo man anonym unterwegs sein kann. Ich kann nicht anonym Auto fahren, beim Reisen brauche ich einen Reisepass, und im Internet, wo a) so viel Geschäft gemacht wird und b) auch Unfug getrieben wird, kann ich anonym unterwegs sein. Ich wäre dafür, dass man eine Identifikation braucht, wenn man ins Internet geht. Das kann man bei einem Gemeindeamt lösen und alle drei Jahre erneuern."