Vor dem Spiel, da war selbst Roger Federer nervös, wie er sagte. Kein Wunder, war es doch das letzte Mal, dass der Schweizer Superstar als professioneller Tennisspieler auf dem Platz stand. Bei dem von ihm mitinitiierten Laver Cup spielte er am ersten Tag in der Londoner O2-Arena im Doppel – an der Seite seines langjährigen Konkurrenten und Freundes Rafael Nadal. Und wie noch dazu: Denn "Fedal", wie diese Paarung genannt wird, verlor "the last Dance" – im Champions Tiebreak setzten sich die US-Amerikaner Jack Sock/Frances Tiafoe 4:6, 7:6, 11/9 durch. Nach einem abgewehrten Matchball.

Vor dem vermeintlich letzten Aufschlag, beim Gespräch mit Nadal, schluckte Federer schon, man sah ihm die Rührung an. Und als das Match geschlagen war, da konnte Federer die Tränen nicht mehr zurückhalten – da, als er mit all den anderen Größen im "Team Europe" abklatschte. Und auf der Tribüne, da waren auch Tränen bei seiner Frau Mirka zu sehen. Auch zum US-Team ging Federer dann noch, umarmte weinend jeden Einzelnen, winkte dem Publikum und sorgte so einmal mehr für Gänsehaut. So sehr, dass auch Rafa Nadal ergriffen war und beinahe mit Federer mitheulte; und schließlich das gesamte europäische Team. Die 20.000 in der O2-Arena jedenfalls standen und klatschten; und wollten nicht aufhören.

Nervös schon vor dem Match

Da war aber eine Nervosität, die Federer so nicht kannte – vor dem Spiel. "Ich hab das Tausende Male gemacht. Aber dieses eine Mal ist es anders", postete er schon vor dem Spiel mit einem Foto, als er das Hotel verließ. Und auch, als er aus dem Auto auf dem Weg zum Training mit Rafa Nadal ein Video nachlieferte, bekannte er seine Nervosität. Auch Prominenz hatte sich versammelt: Von Anna Wintour, US-Amerikanische Vogue-Herausgeberin und Freundin der Familie, über Hugh Grant bis zu Alexander Zverev reichte die Riege der prominenten Zuschauer (und es waren viele mehr ...).

Auf dem Platz, im Duell mit den beiden US-Amerikanern Jack Sock und Frances Tiafoe, war von der Nervosität aber kaum noch etwas zu merken. Und Nadal und Federer gewannen gegen den US-Open-Finalisten und seinen Partner den ersten Satz auch 6:4.

Und Federer wäre nicht Federer, würde er nicht auch im letzten Spiel noch einen Schlag vom Feinsten servieren, auch wenn er in diesem Fall ein Fehlschlag war. Denn der Schweizer knallte im ersten Satz einen Ball vermeintlich übers Netz – doch er selbst wusste sofort, dass da etwas nicht stimmen konnte. Und wirklich: Der Ball fand das Loch zwischen Netzkante, Netzpfosten und dem Netz, das kaum größer ist als die gelbe Filzkugel. "The precision is still there – die Präzision ist noch da", scherzte da Novak Djokovic auf der Bank des europäischen Teams.

Dann sah es schon fast nach dem Sieg aus für "Fedal", als Feder bei 9/8 zum Sieg servierte. Doch an diesem Tag hatte Frances Tiafoe für diesen Fall das probate Mittel. Zuerst hatte er schon Federer am Netz abgeschossen, beim Stand von 9/9, kurz nachdem Federer den Matchball ins Netz geschlagen hatte, ging er dann mit vollem Tempo auch auf Nadal – mit Erfolg. Und dann war es Jack Sock der den Matchball für sein Team verwertete – zum Zwischenstand von 2:2 nach dem ersten Tag. Aber das interessierte in diesem Moment die wenigsten.

Nach vielen Ehrenrunden, nachdem er sich im "Team Europe" moralische Stärkung geholt hatte, stand Federer dann bereit – zum letzten Interview nach einem Match; mit der ehemaligen Nummer eins Jim Courier. "Wir werden das überstehen", sagte er mit wackeliger Stimme. Und dann: "Ich bin glücklich und nicht traurig. Es war wundervoll, ich habe es genossen, noch einmal. Ich wusste, es war das letzte Mal. Mit den Jungs hier zu sein, den Fans, der Familie, es war unglaublich. Und ich bin glücklich, dass ich da durch bin, auch wenn ich verloren habe."

Als er dann von den Legenden sprach, die gekommen waren, da brach die Stimme aber wieder, die Tränen waren da. "Es ist unglaublich", sagte er dann noch dazu, dass all seine Konkurrenten – Nadal, Novak Djokovic, Andy Murray und all die anderen, im gleichen Dress wie er am Court standen. "Es ist leichter, im Team good bye zu sagen", meinte er. Um dann noch einmal zu sagen: "Ich hatte eine wundervolle Reise. Ich hab' es einfach geliebt, Tennis zu spielen. Und das heute, das war eine Feier."

Als er sich dann aber bei der Familie bedanken wollte, da war es für den großen Champion zu viel. "Noch kann ich sprechen", sagte er zuerst, doch dann brachen alle Dämme. Und auch Rafael Nadal strömten da die Tränen herunter. Es war das passende, emphatische Ende – mit einem letzten "Danke" ging Federer in den Ruhestand. Nicht ohne beim Livekonzert von Ellie Goulding weitere Tränen zu vergießen. Bald und endlich auch gemeinsam mit seiner Frau Mirka. "Sie hätte schon lange sagen können, dass ich aufhören muss – aber sie hat mir immer erlaubt, weiterzuspielen", meinte er im Kreis seiner Familie; weiter zu Tränen gerührt.