Sagt Ihnen eigentlich noch der Name Andrea Gaudenzi etwas? Der Italiener war zwischen 1990 und 2004 auf der ATP-Tour unterwegs, konnte drei Titel hamstern und erreichte im Februar 1995 mit Platz 18 sein höchstes Ranking auf der ATP-Tour. Aus heimischer Sicht interessant: Der heute 46-Jährige war Stallkollege von Thomas Muster - beide hatten mit Ronnie Leitgeb denselben Manager.
Warum ich Ihnen das erzähle? Weil Gaudenzi am Donnerstag als neuer Chairman der ATP, also der Vereinigung der professionellen Tennisspieler, bekannt gegeben wurde. Warum die Wahl gerade auf den Italiener fiel und wie das gesamte Prozedere ablief, erklärt Wien-Turnierdirektor Herwig Straka, der ja seit nunmehr rund einem Jahr auch als einer der drei ATP-Board-Direktoren im Einsatz ist, in folgendem Interview:
Warum ist die Wahl auf Gaudenzi gefallen?
HERWIG STRAKA: Wir haben bereits seit März einen Prozess durchlaufen, wo ungefähr 40 Kandidaten auf einer Liste waren. Von denen haben wir rund 20 Interviews gemacht. Die Themen waren: Welche Vision haben die Kandidaten? Wie sieht es im Bereichen Medien, Tennis, Regeln, Verhältnis zu den Spielern aus? Also eine Vielzahl von Eigenschaften, die für uns wichtig waren. Dann gab es in New York eine Short-List von vier Kandidaten und aus der ist Gaudenzi als Sieger hervorgegangen. Er war der Einzige, der einen sehr engen Tennisbezug hatte und hat den Vorteil, dass er Spieler und mehr oder weniger Turnierveranstalter in Rom war. Außerdem ist er bei ATP-Media an Bord. Er ist also sehr eng involviert, kennt die ATP wie kein Zweiter und hat uns mit seinen Zukunftsvisionen überzeugt.
Wie sehen diese Visionen aus?
STRAKA: Darüber kann ich noch nichts sagen. Zuerst muss das alles mit dem ATP-Board abgestimmt und auf Linie gebracht werden.
Sie haben stets betont, dass dieses Amt jemand aus dem Tennisbereich übernehmen sollte.
STRAKA: Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass die ATP etwas Besonderes ist. Es gibt keine Organisation, wo Spieler und Turniere das gleiche Mitspracherecht haben. Und insofern muss man sich in dieser Materie auskennen. Es gab andere Bewerber aus anderen Sportarten, doch war da das Risiko zu hoch, dass die versuchen, zum Beispiel das Franchisesytsem aus einer amerikanischen Sportart auf das Tennis umzumünzen. Das würde dann aber dazu führen, dass die Spieler möglicherweise bis zu einer Revolution gehen würden. So, wie es das eben im US-Sport mit dem Lockout gibt – und das wollten wir vermeiden. Am Ende des Tages war es ein sehr langer Prozess mit vielen Interviews – und am Schluss sind wir dann bei einem gelandet, denn wir eh alle gut kennen. Das sieht jetzt vielleicht etwas komisch aus und man könnte sagen, wir hätten uns das alles sparen und gleich auf ihn zugehen können, aber er ist eben aus diesem langen Prozess als Sieger hervorgegangen.
Das Amt läuft für vier Jahre – ist das normal?
STRAKA: Nein, eigentlich sind es nur drei Jahre, aber mit den Visionen, die er hat, hat man sich darauf geeinigt, den Zeitraum zu verlängern.
Welche Aufgaben hat der ATP-Chairman?
STRAKA: Er leitet das ATP-Board und ist der einzige Unabhängige. Es gibt drei Turniervertreter und drei Spielervertreter – und er ist die entscheidende Stimme, wenn es bei Beschlüssen 3:3 steht. Aber in der Regel kommt es nie dazu, dass er seine Stimme abgeben muss. Man versucht immer, einen Konsens zu erzielen. Sprich, solange zu diskutieren, bis alles damit leben können. So gesehen ist es ganz selten, dass der Chairman die entscheidende Stimme hat. Aber er gibt die Visionen vor und muss schauen, dass wir in die richtige Richtung marschieren. Also insofern ist er der wichtigste Mann.
Muster: "Andrea ist eine gute Wahl"
Muster hält seinen ehemaligen Wegbegleiter Gaudenzi übrigens für eine sehr gute Wahl. "Andrea war immer schon sehr engagiert, hat Jus studiert, kennt sich super aus. Außerdem finde ich es gut, dass es endlich einmal kein Amerikaner und niemand aus dem englischsprachigen Raum ist", betont der Leibnitzer.
Muster hatte zu seiner aktiven Zeit auch einmal die Funktion des Spielervertreters inne. Allerdings nicht lange. "Irgendwann habe ich einmal zum damaligen Präsidenten Mark Miles gesagt, die ATP solle endlich die Bücher offenlegen. Das hat ihnen nicht so gefallen und ich war den Posten schnell wieder los."
"Sitzen ist das neue Rauchen"
Hohen Besuch gab es am Freitag im Pressezentrum des Stadthallenturniers. So stellte Skisprung-Olympiasieger Toni Innauer gemeinsam mit Manfred Pletzer unter dem Motto "Relax and Move" das Konzept der "Pletzer Resorts" vor. "Wellnesshotels gibt es wie Sand am Meer. In unseren Häusern findet der Gast die auf ihn individuell abgestimmte und von ausgebildeten Trainern zusammengestellte Kombination aus Bewegung und Erholung", wirbt Pletzer für seine Kette. Drei Resorts befinden sich in Tirol und sollen auch den süddeutschen Raum abdecken, eines findet man in Klagenfurt, ein Fünftes ist gerade in Bayrischzell im Entstehen.
Erarbeitet wurde das Konzept, das auf den drei Säulen Bewegung, Regeneration und Ernährung ("Energie-Küche") steht, in Zusammenarbeit mit Sportmedizinern und Wissenschaftlern der Universität Innsbruck sowie Innauer. "Bewegung ist Selbstverantwortung und mittlerweile ein Kulturgut, Sitzen hingegen das neue Rauchen", betont die heimische Sport-Legende. Alle Resorts verfügen über ein 25-Meter-Sportbecken, trainiert wird mehr über Eigengewicht, dazu gibt es Laufstrecken und E-Bikes.
Der aktuelle Umsatz der Pletzer-Resorts beläuft sich auf 20 Millionen Euro, die Auslastung der 1100 Betten liegt bei 65 Prozent, insgesamt sind 280 Mitarbeiter eingestellt. Kooperationen mit diversen Versicherungen sind bestehend.