Sie haben in dieser Saison beim THW Kiel sehr viel Verantwortung aufgrund von Verletzungen übernehmen müssen, das maximiert auch die Belastung. Wie geht es Ihnen?
Nikola Bilyk: Das spürt man natürlich im Körper. Wir haben in dieser Saison mit Liga, Champions League, Pokal und auch Super Globe wirklich viele Spiele und daher fühlt sie sich schon sehr lange an. Aber das gehört dazu, wenn man bei so einem Verein spielt. Wir sind in jedem einzelnen Bewerb da, wo wir stehen möchten, und können uns nicht beschweren. Die Saison ist aber noch lange. Jetzt gilt es, eine gute Heim-EM zu spielen, dann gesund wieder nach Kiel zu kommen und dann dort so weiterzumachen.

Sie spielen in Kiel im Rückraum auf der linken Seite, im Nationalteam oft in der Mitte. Wo fühlen Sie sich wohler?
Mir ist es grundsätzlich relativ egal, denn wir wechseln bei unseren Spielzügen ohnehin sehr oft die Positionen. Ich kann beides spielen und habe das auch schon oft getan.

Seit gut einem Dreivierteljahr ist Ales Pajovic der neue Teamchef, er führt Österreich in die EM. Was hat sich unter ihm verändert?
Er hat definitiv frischen Wind reingebracht, das muss man ganz klar sagen. Das sollte aber auch so sein. Man muss sich unter einem neuen Trainer als Spieler neu beweisen. Und das tut einer Mannschaft immer gut, wenn man zeigen muss, was man kann. Ales ist ein sehr positiver Trainer, er hat eine gute Stimmung in die Mannschaft gebracht. Nach dem, was uns in den letzten Jahren passiert ist, war das sehr, sehr wichtig.

Sie sprechen die schwache EM in Kroatien 2018 und die WM im Jänner an?
Wir hatten unsere Ziele erreicht und waren bei den Großereignissen dabei. Dort haben wir unter Druck aber nicht bestehen können. Ich hoffe, dass das unter Ales bei der Heim-EM besser laufen wird. Aber natürlich müssen wir Spieler die große Verantwortung übernehmen und unsere Leistung bringen. Du kannst der beste Trainer der Welt sein, wenn die Spieler nicht ihre Leistung bringen, dann hilft das auch nichts.

Wenn der THW-Kiel-Kaderspieler Nikola Bilyk sagt, dass er sich für das Nationalteam neu beweisen muss, klingt das schon ein bisschen nach Tiefstapelei ...
Ich glaube, dass es für keinen einen fixen Platz im Team gibt und jeder seine Position bestätigen muss. Wer das nicht machen will, ist fehl am Platz.

Ist Zufriedenheit gefährlich?
Ich bin ein Typ, der dagegen ist, mit sich selbst oder einer Situation immer zufrieden zu sein. Ich denke, dass uns das als Team in den vergangenen Jahren viel zu häufig passiert ist. Wir waren viel zu oft mit unseren Leistungen zufrieden. Damit zufrieden, bei Großereignissen dabei zu sein. Aber als es am allerwichtigsten war, haben wir als Mannschaft versagt. Das liegt an jedem Einzelnen. Handball ist zwar ein Teamsport, aber wenn vier, fünf wichtige Spieler nicht ihre Leistung bringen, dann wird es für den Rest der Mannschaft schwierig. Darum muss sich jeder an die eigene Nase fassen und die Leistung bringen. Nur dann wird auch die Mannschaft funktionieren.

Eine der ersten Amtshandlungen von Pajovic war es, Fabian Posch wieder ins Team zu lotsen. Wie wichtig ist der Kreisläufer?
Er hilft uns im Angriff und in der Abwehr enorm. Ich freue mich, dass er sich entschieden hat, wieder dabei zu sein. Als Mitspieler ist er ein Typ, mit dem man über gewisse Situationen reden kann. Einer, der nicht beleidigt ist, wenn man einmal etwas lauter ist oder was sagt, was er vielleicht nicht hören möchte. Er ist immer bereit, Kritik anzunehmen, und das ist eine sehr wichtige Eigenschaft für einen Sportler. Er ist einer der Schlüsselspieler und sehr professionell. Das sind Charaktere, die wir in der Mannschaft brauchen.

Sie haben bei der EM Heimvorteil, wie viel zusätzliche Energie kann eine tolle Kulisse bringen?
Sehr, sehr viel. Wenn du so eine große Unterstützung hast und Fans, die versuchen, dir in jeder Situation zu helfen, ist das eine große Hilfe. Ich könnte darüber ein Buch schreiben, weil ich selber sehr häufig schon erlebt habe, was eine positive Stimmung ausmachen kann. Ich freue mich irrsinnig darauf. Wichtig ist, dass wir das nicht als Druck empfinden.

Druck von außen?
Für viele von uns wird es etwas Neues und Besonderes sein, vor so einem Publikum zu spielen. Vor allem eines, das auf deiner Seite ist – das ist noch einmal was anderes, als auswärts vor so einer Kulisse zu spielen, wie wir es in Kroatien oder Dänemark getan haben. Zu Hause trägst du eine Verantwortung – und diesen Druck muss man ins Positive verwandeln und sich nicht herunterdrücken lassen.

Mit wem möchten Sie bei der EM das Zimmer teilen?
Raul Santos. Er ist der Typ, mit dem ich immer im Zimmer bin.

Warum?
Wir sind gute Freunde und konnten zuletzt nicht mehr so viel Zeit miteinander verbringen wie in Kiel. Mit ihm kann ich gut auch über andere Dinge sprechen als nur über Handball. Das ist zwar das große Thema, aber man muss auch einmal abschalten können. Da ist er ein sehr guter Partner.