Was Aston Martin in der bisherigen Formel-1-Saison leistet, verzückt Fans und Experten gleichermaßen. Platz drei durch Fernando Alonso zum Saisonauftakt in Bahrain, Startplatz zwei und fünf im Qualifying von Saudi-Arabien, in dem Max Verstappen seinen RB19 mit Motorenproblemen nur auf Platz 15 abstellte. Das Team aus Silverstone ist die zweitstärkste Kraft in der Königsklasse – vor Ferrari und Mercedes. „Die haben einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht“, lobt auch Motorsportberater Helmut Marko und adelt Aston Martin zum ersten Verfolger: „Sie haben das zweitschnellste Auto im Feld und der dritte Frühling des Fernando Alonso ist faszinierend.“

Faszinierend ist auch die Entwicklung des Rennstalls, der in der Vergangenheit immer wieder von allen Seiten Kritik einstecken musste. Inhaber und Milliardär Lawrence Stroll polarisiert, segnet nahezu jede Kleinigkeit höchstpersönlich ab und ist nicht unbedingt für Bescheidenheit bekannt. Der Kanadier sprach einst vom „nächsten großen Ding“ in der Formel 1, gibt sich als Macher. Was zählt, ist Erfolg. Was nicht zählt, Geld. Und nach Jahren in der Königsklasse geht diese Philosophie auf, das „große Ding“ ist gelungen.

Aus dem Nachzüglerteam wurde ein potenzieller Sieganwärter. Die Gründe dafür sind vielfältig, einer davon sitzt 2023 im Auto. Alonso hauchte dem Rennstall neues Leben ein, funktioniert perfekt. Dafür verantwortlich sei auch der neue Chef. „Er hat die Vision eines Siegerteams und setzt diese um, egal was es kostet. Es ist gut, einen Anführer wie Lawrence zu haben“, erklärt Alonso, der Parallelen zu einem der schillerndsten Figuren in der Formel-1-Geschichte zieht: „Nur Flavio Briatore war auch so charismatisch, ein echter Leader.“

Und so umstritten Briatore auch war, er führte zunächst Benetton (1994 und 1995 mit Michael Schumacher) und später Renault (2005 und 2006 mit Alonso) zu jeweils zwei WM-Titeln, ehe ihm das „Crash-Gate“ zum Verhängnis wurde. Doch nicht nur Alonso hat beim Aufstieg seine Finger im Spiel, auch Red Bull Racing ist indirekt daran beteiligt. Der langjährige Designer bei den Bullen, Dan Fallows, ist mittlerweile zum Technischen Direktor bei den Briten aufgestiegen. Weitere Ingenieure folgten wohl dem Ruf des Geldes, weshalb viele von einem „grünen RB18“ sprechen, dem Red-Bull-Boliden aus dem Vorjahr. „Es ist schön, drei Red Bull auf dem Podium zu sehen“, scherzte etwa Sergio Perez nach dem Saisonauftakt in Bahrain.

Alonso scheinen diese Aussagen nach Platz drei nicht zu kümmern: „Solche Kommentare sind mir egal. Jeder kann die Unterschiede zwischen den beiden Rennwagen sehen.“ Und tatsächlich hat sich das Überraschungsteam 2023 auch von Motorenlieferant Mercedes inspirieren lassen, ging bei vielen Elementen eigene Wege. Was die Frage offenlässt, ob es jetzt ein kopierter Red Bull oder adaptierter „Silberpfeil“ ist? Die Antwort: Weder noch. Der AMR23 ist einfach ein sehr gute gelungener Aston Martin.