Dass sich die Formel 1 auf dem Weg zur Absage des Saisonauftakts in Melbourne nicht mit Ruhm bekleckert hat, gerade nach außen ein ganz schlechtes Bild abgab, ist die eine Seite. Dass zumindest Teile des komplizierten und zeitaufwändigen Ablaufs bei genauer Betrachtung zumindest ein bisschen verständlicher werden, angesichts der finanziellen Folgen für viele Beteiligte, ist die andere.

Da sind erst einmal die Teams. Die Großen, die Werksteams, können ein paar Absagen schon verkraften. Die Kleinen trifft es wesentlich härter. So ist es kein Wunder, dass es außer Red Bull – wo man in vielen Dingen grundsätzlich eine andere Linie fährt – vor allem die Kleinen waren, die erst einmal eher fahren wollten – auch wenn sie es ohne Motoren von Mercedes und Ferrari in der Praxis sowieso nicht gekonnt hätten. Formel-1-Sportchef Ross Brawn sagt zum Thema Geld: „Die Teams überleben dank des Preisgelds, das wir ausschütten. Also werden Rennabsagen die Budgets der Zukunft belasten. Jeder gestrichene Grand Prix wird auch Auswirkungen auf uns als Unternehmen haben.“

Die Gelder kommen aus dem Topf, den die Formel 1 aus den TV-Einnahmen, aber vor allem aus den Antrittsgeldern der Veranstalter finanzieren. Haas-Teamchef Günther Steiner macht die Rechnung auf: „Bei Grand Prix, die mehr als 25 Millionen Dollar zahlen, verlieren wir Geld. Darunter wird der Verlust durch die Ersparnis aufgewogen, nicht zu fahren.“ Aber gerade die vier ersten Rennen, die jetzt abgesagt wurden, Australien, Bahrain, Vietnam und China, sind solche, bei denen die Veranstalter alle sehr viel zahlen – deutlich über der 25-Millionen Grenze. Racing Point-Teamchef Otmar Szafnauer fürchtet: „Wir gehen davon aus, dass der Topf, aus dem verteilt wird, deutlich kleiner ausfallen wird.“

Aber auch die Veranstalter selbst, FIA und F1 können schnell in Probleme kommen. Immer davon abhängig, wer wirklich absagt. Deshalb das lange Geziehe, das Warten, ob nicht die Behörden mit einem Veranstaltungsverbot „helfen“ würden. Am Ende wurde die Entscheidung in Australien im offiziellen Wortlaut gemeinsam getroffen,  von der Australian Grand Prix Corporation (AGPC), FIA und den F1-Rechteinhabern. Paul Little, der Vorsitzende der AGPC, sagte nur:  „Wir müssen mit der Formel 1 nun Vieles klären.“

Weil es im Rahmen der modernen Formel 1 einen solchen Fall noch nie gegeben hat, ist derzeit noch unklar, ob ein Promoter wie in Australien einen Teil der Antrittsgebühr zurückerhält, in Melbourne in Höhe von 31,3 Millionen Euro. Rund die Hälfte dieser Zeche zahlt in diesem Fall  der australische Bundesstaat Victoria, will heißen, der dortige Steuerzahler. Die gemeinsame Erklärung aller drei Parteien  ist ein Hinweis darauf, dass zumindest versucht wird, die Haftung und damit die finanzielle Last gemeinsam zu tragen – gleiches scheint auch für Bahrain und Vietnam zu gelten.

Um den Schaden zu minimieren, bastelt die Formel 1 jetzt an einem Notfallplan, um möglichst wenigstens noch 17 bis 18 Rennen durchführen zu können.  „Die Formel 1 ist flexibel. Wir haben Pläne, wie wir die Saison neu gestalten wollen. Wir wollen so viele der verlorenen Rennen wie möglich im späteren Verlauf der Saison nachholen“, sagt Ross Brawn. Von den ersten drei Europa-Rennen, die so gut wie sicher auch nicht stattfinden können, sollen Zandvoort und möglichst auch Barcelona wohl in die Sommerpause geschoben werden.Monaco, das sowieso kein Antrittsgeld bezahlt, und auch logistisch die größten Probleme macht, dürfte allerdings wegfallen. China und/oder Vietnam, von wo viel Geld fließt, sollen irgendwie ins Saisonende gequetscht werden. „Wir sprechen aktuell darüber, einige GP-Wochenenden von drei auf zwei Tage zu reduzieren, um mehr Rennen in unmittelbarer Folge durchführen zu können“, so Brawn. „Ich kann mir gut vorstellen, drei Rennen an drei aufeinander folgenden Wochenenden zu haben, wenn wir jeweils nur zwei Tage fahren“.