Wenn nächstes Wochenende die Fußball-Bundesliga in die neue Saison startet, wird Bundesliga-Präsident Hans Rinner die Spiele daheim vor dem Fernseher anschauen. In ein Stadion wird er nicht gehen. Er ist blass. Er ist mager geworden und bewegt sich nur langsam. Aber die Augen leuchten, wenn der 54-jährige Steirer erzählt, wie kürzlich die Wahl des ÖFB-Präsidenten abgelaufen ist oder wie er es geschafft hat, ein neues Ligaformat zu installieren. Der nächste große Brocken ist ein neuer Fernsehvertrag-Vertrag. Und die Reform war nur ein erster Schritt, weitere werden folgen. Wenn er vom Fußball spricht, merkt man Rinner nicht an, dass er eigentlich schwer erkrankt ist.

Herr Rinner, mit der Ligareform haben Sie für viel Gesprächsstoff gesorgt. Aber auch über Sie wird in Fußballkreisen gesprochen – allerdings meist hinter vorgehaltener Hand. Und es heißt, Sie seien krank. Wie geht es Ihnen?
Hans Rinner: Ich mache gar kein Geheimnis daraus, dass ich krank bin. Ich habe Krebs und ich gehe offensiv damit um. Aber es stimmt schon, dass nicht viele wissen, wie es mir wirklich geht.

Wie geht es Ihnen wirklich?
Rinner: Ich war demoralisiert, wie ich vor zwei Jahren die Diagnose bösartigen Blasenkrebs erhalten habe. Aber nach relativ kurzer Zeit habe ich mir gesagt: Du schaffst das! Zwei Jahre hat es gut funktioniert. Doch jetzt bin ich in einer dramatischeren Situation. Ursprünglich hatte ich einen lokalen Tumor, jetzt einen metasierenden Krebs.

Sie kämpfen also schon seit zwei Jahren gegen die Krankheit.
Rinner: Vor zwei Jahren habe ich ein halbes Jahr gegen die Krankheit gekämpft, dann war ich eineinhalb Jahre topfit. Die Tumore sind damals entfernt worden und ich habe eine prophylaktische Chemotherapie gemacht. Aber der Krebs hatte schon gestrahlt. Mittlerweile wissen wir, dass die Chemotherapie keine Wirkung gezeigt hat.

Die Tumoren sind wieder gewachsen.
Rinner: Ja. Sehr schnell noch dazu. Ein Tumor sitzt neben der Aorta beim Ausgang der Nervenstränge bei der Wirbelsäule. Das verursacht extreme Schmerzen. Deshalb habe ich auch ein Schmerzpflaster und Tabletten für den Notfall, die ich unter die Zunge lege. Das hilft binnen fünf Minuten. Meine nächste Hoffnung ist die Strahlentherapie. Und dann werde ich mit den zuständigen Professoren alles Weitere besprechen. Grundsätzlich denke ich ja immer positiv, aber im Hinterkopf schwingt natürlich auch das Szenario mit, dass es keine Heilung gibt. Das kann man nicht ausblenden.

Wie sieht künftig die Therapie aus?
Rinner: Das legen die Professoren und ich nächste Woche fest. Und dann werden wir weitersehen.

Machen wir einen Querpass zum Sportlichen. Es heißt, Fußball ist die schönste Nebensache der Welt. Warum lassen Sie den Fußball nicht Fußball sein und schauen auf das Wichtigste überhaupt. Auf die Gesundheit?
Rinner: So lange ich meinen Aufgaben nachkommen kann, und das tue ich derzeit, führe ich mein Amt auch aus. Man darf nicht vergessen, dass ich nicht der Geschäftsführer der Bundesliga bin, sondern der Aufsichtsratsvorsitzende, der die Vorstände bei den strategischen Themen unterstützt. Und derzeit haben wir sehr wichtige Dinge zu bearbeiten, vor allem am TV-Vertrag arbeiten wir intensiv.

Zwischen TV-Vertrag und Chemotherapie - wie kann man so etwas psychisch bewältigen?
Rinner: Das ist meine Ablenkung von der Krankheit. Wenn man einem einigermaßen gewohnten Arbeitstag nachgeht, ist das gut. Das traue ich meinem Körper zu und über die moderne Kommunikations-Technologie kann man heutzutage auch von zu Hause aus viel erledigen. Trotzdem muss man schauen, dass man zu belastende Themen ausblendet und sich auf die wesentlichen konzentriert.

Der TV-Vertrag etwa ist ein schwieriges Thema.
Rinner: Wenn am Ende des Tages etwas Gutes dabei raus kommt, ist das schön. Ich bin mir sicher, dass die neuen TV-Verträge ein Erfolg für die Klubs werden. Ich bin ja noch gewählt bis Dezember 2018. Und solange es mein physischer Zustand zulässt, werde ich mein Amt weiterhin ausüben. Wenn es nicht mehr möglich ist, werde ich Stopp sagen. Ich werde sicher nicht vom Krankenbett aus die Direktiven geben. So weit sind wir noch nicht und werden hoffentlich auch nie so weit sein.

Wird es einen TV-Vertrag für beide Ligen geben?
Rinner: Es gibt einen Fernsehvertrag für die oberste Liga. In Bezug auf die zweite Liga sind wir dabei, mit Anbietern zu diskutieren. Dort wird es aber nur einen Zwei-Kamera-Standard geben, deshalb wurden auch die Lux runtergefahren.

Hat Ihre gesundheitliche Situation Auswirkungen auf Ihre Entscheidungen?
Rinner: Nein, das glaube ich nicht. Aber die Emotionen werden geringer. Auch die Kritik nimmt man gelassener, weil man sich fragt: Worum geht es? Meistens geht es im Verhältnis zu meiner gesundheitlichen Situation um genau gar nichts.

Wenn man den österreichischen Fußball als Patienten bezeichnen würde, was wäre da zur Heilung nötig?
Rinner: Wer mir bei der Pressekonferenz im Mai 2016 genau zugehört hat, der wird vernommen haben, dass die 12er- und 16er-Liga der erste Teil der Reform waren. Es braucht einen zweiten Teil. 50 Mannschaften oberhalb der Landesliga ist das Maximum, was wir in Österreich vertragen. Wie wir dorthin kommen, muss natürlich diskutiert werden.

Wie könnte dies aussehen?
Rinner: Es ist alles offen. Aber man könnte beispielsweise ohne Regionalligen spielen und die Landesligen stärken, etwa mit einem Play-off. Die Landesliga ist in jedem Bundesland die attraktivste Liga im Amateurfußball. Dann geht’s direkt in die Übergangsliga, in die zweite Leistungsstufe.

Wie sieht ein Tag von Ihnen derzeit aus?
Rinner: Ich arbeite von zu Hause aus. Ein paar Stunden am Vormittag, dann mache ich Mittagsruhe, und dann ein paar Stunden am Nachmittag. Und ich freue mich schon jetzt darauf, wenn ich am Abend wieder einmal einen Spritzer trinken werde. Dann weiß ich, dass es mir wieder besser geht.

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