Die NHL hat in New Jersey gewählt. Ohne Hochrechnung oder große Show, für nordamerikanische Verhältnisse ganz nüchtern: Marco Rossi wurde an 9. Stelle im virtuellen Draft 2020 gewählt. Das Eishockey-Ausnahme-Talent steigt damit in eine Liga mit Thomas Vanek oder Michael Grabner auf. Punkt ein Uhr (MEZ) startete die beste Liga der Welt das so prestigeträchtige Ereignis, das in über 100 Länder der Welt live übertragen worden ist. Augrund von Corona fand der NHL Draft im Jahr 2020 erstmals virtuell statt.

Eigentlich gehört es zum unumstößlichen Prozedere, dass die Spielernamen nach und nach aufgerufen werden, die sogenannten Prospects in einer Eishockey-Arena auf die Bühne treten und das Trikot des jeweiligen NHL-Klubs überstreifen. Heuer saßen die Auszuwählenden vor Laptops mit Webcams. Und es hatte internationalen Eishockey-Flair - der ORF übernahm das Signal direkt aus Nordamerika, ohne Übersetzer mitsamt Werbeunterbrechungen.

Als Erstes zogen im getakteten Ablauf die New York Rangers und GM Jeff Gorton erwartungsgemäß Alexis Lafreniere. Erst dann kam richtig Spannung auf, ein Countdown setzte ab diesem Zeitpunkt für die weiteren Teams ein. Die Los Angeles Kings wählten Quinton Byfield. Die Ottawa Senators sicherten sich im Jeopardy-Style die Rechte am Deutschen Tim Stützle aus Mannheim.

Zwischendurch wurde Rossi öfters in den letzten Tagen öfters an vierter Position gehandelt. Allerdings holten die Detroit Red Wings nun den Schweden Lucas Raymond, die erste Überraschung. Und Verteidiger Jake Sanderson wurde danach ebenfalls von Ottawa gewählt - die Kanadier hatten den dritten und fünften Pick. Somit stand fest, dass Rossi die Stadt wechseln wird. Anaheim nahm Jamie Drysdale. Selbst die NHL-Kommentatoren warteten eigentlich nur noch darauf, dass Rossi gezogen wird. An siebenter Position wählten die New Jersey Devils jedoch Alexander Holtz.

Es hätte zu einer Art Cinderella Story kommen können. Die Buffalo Sabres, also ausgerechnet jener Klub, wo Thomas Vanek zu einer NHL-Größe geworden ist und wo Ex-VEU-Trainer Ralph Krüger (coachte auch Rossi-Papa Michael) zuletzt als Headcoach werkte, zogen zwar einen Spieler der Ottawa 67's. Jedoch Jack Quinn, und nicht Rossi - was wohl überall zu Irritationen geführt hatte.

Der 19-jährige Center Marco Rossi wurde schließlich um exakt 2.15 Uhr (MEZ) von Minnesota Wild und GM Bill Guerin als Draft-Pick genannt. Im TV-Studio schwärmten die Kommentatoren richtiggehend über die vielen Qualitäten des Österreichers. Sie schienen jedoch davon überrascht, dass der Stürmer nicht früher gezogen worden ist. Die Familie von Rossi zeigte sich nach der hohen Platzierung begeistert und erleichtert. "Es war der erste Pick von Minnesota, das darf man nicht vergessen", sagte Papa Michael Rossi. "Ein Top Pick, ein Top GM und ein Top Team für Marco", schwärmte etwa sein Agent Patrick Pilloni, der aber darauf hinweist, dass nun Rossi wohl bei ZSC Zürich auf dem Eis zu sehen sein wird.

Was erwartet Rossi in Minnesota? Vor wenigen Tagen wurde Eric Staal zu Buffalo Sabres getradet, im Austausch für Marcus Johansson. Der Klub verfügt über wenig hochqualitative Tiefe auf der Center-Position. Insofern könnte es passieren, dass der Vorarlberger gleich vom NHL-Start weg viel Eiszeit erhält. Und auch Rossis Rückennummer 23 wäre bei Minnesota noch frei.

In einer ersten Reaktion im ORF-Interview meinte Rossi: "Es war mein Traum gedraftet zu werden und irgendwann in der NHL zu spielen. Letzterem bin ich nun einem Schritt näher. Ich hatte bereits das Gefühl, dass mich Minnesota zieht. Wir hatten sehr gute Gespräche im Vorfeld. Ab Morgen finden weitere Gespräche statt."

Amüsantes Detail: Praktischerweise lagen trotzdem überall für die potenziellen NHL-Cracks die Trikots ihrer zukünftigen Teams parat.

Der letzte österreichische Spieler, der Villacher Michael Grabner wurde vor  14 Jahren im Draft gezogen worden, beglückwünschte den 19-Jährigen: "Herzliche Gratulation an Marco. Es ist sehr lange her, dass ein Österreicher gezogen worden ist. Marco hat sicher eine tolle, und hoffentlich lange Zukunft in der NHL vor sich. Er wird Österreich in der besten Eishockey Liga der Welt sicher gut vertreten und bei Kindern zu Hause etwas auslösen." Am Rande des Drafts bestätigte NHL-Boss Gary Bettman übrigens, dass die Liga ihren Start mit 1. Jänner 2021 plant.