Seit Wochen spitzt sich das WM-Duell zwischen Mercedes und Red Bull, zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen, zu – jetzt ist der nächste große Ärger vorprogrammiert. Nach verbalen Scharmützeln neben der Strecke zwischen den beiden Österreichern in der jeweiligen Teamführung. Mercedes-Teamchef Toto Wolff und Red Bull-Motorsportkoordinator Helmut Marko über das Abwerben von Motoren-Fachleuten oder die Interpretation von Tracklimits geht es jetzt um ein technisches Detail und darum, wie mit einer bisher sehr laxen Regelinterpretation in Zukunft umgegangen werden soll.

Beim letzten Grand Prix in Barcelona machte Hamilton mehrfach deutlich auf den sich stark verformenden Heckflügel des Red Bull aufmerksam – zu flexibel, nicht dem Reglement entsprechend nach seiner Ansicht. Und auch TV-Bilder deuten darauf hin, dass das Teil nicht wirklich den Vorgaben des Reglements entspricht, das solche Verformungen eigentlich untersagt – obwohl der Flügel bisher die entsprechenden Tests alle unbeanstandet passierte.

Woraufhin die FIA jetzt neue Tests für die Flügel ankündigte – allerdings erst vor dem Frankreich-GP Mitte Juni. Um den Teams – auch Ferrari, Alpine und Alfa Romeo sind wohl betroffen – genügend Zeit zu geben, neue, stabilere Flügel zu produzieren. Das gehe eben nicht von einem Tag auf den anderen, betont auch Red Bull-Teamchef Christian Horner.

Ein Vorteil in Baku?

Für Monaco ist das ganze kein so großes Thema, streckenbedingt kommen hier sowieso eher andere Flügel zum Einsatz als in Barcelona und Flexibilität bringt angesichts der niedrigeren Top-Speeds auch kaum Zeitgewinn. Zwischen Monaco und Paul Ricard steht aber noch Baku auf dem Programm, eine Strecke, auf der so ein flexibler Flügel einen großen Vorteil bietet, mindestens drei Zehntel pro Runde, glaubt Wolff.

Woraufhin er für dort mit einem Protest droht – eventuell zusammen mit den anderen Mercedes-Teams McLaren und Aston Martin, „die auch großes Interesse daran haben, dass diese Teile so schnell wie möglich verschwinden.“ Insgesamt sei die neue Technische Direktive sowieso nur eine „halbgare Lösung“, erlaube immer noch zu viel. Die Konsequenz für Mercedes: Man werde seinen Heckflügel ebenfalls modifizieren – „und zwar so, dass er sich stärker als bisher verbiegt.“

Ironie oder nicht – bei Red Bull versucht man diesmal, zumindest nach außen angesichts der Attacken relativ gelassen zu bleiben. Teamchef Horner stellt fest: „Unser Auto hat bis jetzt alle Tests bestanden. Damit erfüllt es auch die Regeln. Wenn sich jetzt der Belastungstest ändert, ist das wie eine Regeländerung. Und wir werden darauf reagieren. Das kann allerdings eine halbe Million Dollar kosten“, was bei Red Bull natürlich auch niemandem schmecken kann.

Noch kein Krach auf der Strecke

Im Verhältnis zu diesen Auseinandersetzungen geht es zwischen den beiden Protagonisten im Auto noch relativ friedlich zu. Zwar kamen sich Hamilton und Verstappen bereits zweimal in der Startphase eines Grand Prix sehr nahe, einmal, in Imola, büßte der Brite dabei auch einen kleinen Teil seines Frontflügels ein. Das war es denn aber auch – größere Zwischenfälle bis jetzt Fehlanzeige. Aber wie lange noch? McLaren-CEO Zak Brown, in der Rolle des neutralen Beobachters, sagte kürzlich: „Es ist unvermeidlich, dass es zwischen den beiden bald auf der Strecke krachen wird.“

Davon wollen die beiden Fahrer zwar offiziell nichts hören. Aber Hamilton versuchte jetzt in Monaco zumindest, aus der Vorlage psychologisch Kapital zu schlagen. „Bislang konnte ich eine Kollision vermeiden, und ich hoffe, ich schaffe das auch künftig. Bis jetzt haben wir großen gegenseitigen Respekt gezeigt, und ich gehe davon aus, dass dies so bleibt. Ich denke nicht kurzfristig, an den momentanen Erfolg, sondern langfristig. Und ich glaube, das spiegelt sich dann auch in meiner Bilanz, in meiner Statistik wieder. Ich glaube, Max ist der, der etwas zu beweisen hat.“

Der siebenmalige Weltmeister also als der reife, weise Champion, der dem gut zwölf Jahre jüngeren Herausforderer einiges an Ruhe und Übersicht voraus hat – leichte Kritik am Kontrahenten inbegriffen. Was Verstappen prompt nicht auf sich sitzen lassen wollte. „Ich muss gar nichts beweisen! Beim Verhindern einer Kollision gehören auch immer zwei dazu“, konterte der Niederländer sichtlich angesäuert. „Wir sind hart gefahren, aber immer fair.“ Und das solle auch so bleiben: „Die einzigen, die immer davon reden, dass es krachen könnte, die sich das offenbar sogar wünschen, sind doch die Medien.“