Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) zeigte in der ORF-Pressestunde Verständnis für die Ablehnung des UNO-Migrationspakts durch die Regierung. Diese habe ihre Haltung nach "reiflicher Überlegung" eingenommen. Man könne in der Demokratie "natürlich" aber auch eine andere Meinung haben. Grundsätzlich solle man diese Angelegenheit aber "pragmatisch" sehen. Österreich habe im Bereich Migration schon vieles geleistet. Die Sorge der Regierung, dass aus dem unverbindlichen Pakt eines Tages verbindliche Verpflichtungen entstehen könnten, stießen bei Sobotka auf Verständnis. Der Nationalratspräsident betonte zudem, dass Österreich das Papier nicht ablehnen werde, sondern sich nur der Stimme enthalten werde.

In der Debatte um Missbrauch der Arbeitszeitflexibilisierung durch Arbeitgeber hat er indes mit fast überschwänglichem Lob für die Arbeiterkammer aufhorchen lassen. Er würde jeden, der mit Missbrauch der neuen Bestimmungen konfrontiert sei, ermutigen, vor das Arbeitsgericht zu gehen. Die Arbeiterkammer leiste hier "ganz hervorragende Arbeit", sagte Sobotka in der ORF-"Pressestunde" am Sonntag.

Sobotka verteidigte aber gleichzeitig die von der Regierung beschlossene Arbeitszeitflexibilisierung. Die Arbeitswelt sei im Wandel und es brauche Veränderungen.

Verurteilt wurden von Sobotka die Aussagen des Tiroler FPÖ-Mandatar Peter Wurm, der in Richtung der Kritiker in dieser Sache gemeint hatte: "Die linken Heimathasser, die es nur allzu gerne gesehen hätten, dass Österreich durch Horden misogyner Glücksritter aus archaischen Ländern überrannt wird, toben." Solche Äußerung seien "abzulehnen und entsprechen nicht der Würde des Hohen Hauses". Hätte Wurm das im Parlament gesagt, hätte er ihm einen Ordnungsruf erteilt, sagte Sobotka.

Auf die Seite der Regierung stellte sich Sobotka auch in der Frage der Entscheidungsbefugnis über humanitäres Bleiberecht. Er lehnte eine Mitsprache der Länder, wie es von manchen Landeshauptleuten gefordert wird, ab. Es hinterlasse zudem einen "schalen" Beigeschmack, wenn Asylwerber zum vierten Mal versuchen, ihr Verfahren neu aufzurollen und "dann das Bleiberecht einfordern".

Sehr ausweichend antwortete Sobotka auf den aktuellen Spionage-Fall und die Nähe der FPÖ zu Russland. Er ging auf die Verwerfungen mit Russland nicht ein, sondern verwies auf die Vermittler-Rolle und Österreichs Interesse, "mit allen Staaten gute Beziehungen zu haben". Er riet zu "Pragmatismus", man müsse diese Dinge in einem "großen Kontinuum" sehen.

Zurückhaltend zeigte sich der ehemalige Innenminister auch in der BVT-Affäre. Strafrechtlich relevante Sachverhalte seien von der Staatsanwaltschaft zu klären. Er habe in seiner Zeit als Innenminister nicht gesehen, dass sich im BVT ein Staat im Staat gebildet hätte, antwortete Sobotka auf eine entsprechende Frage. Dass sich das BVT weiterentwicklen müsse, sei schon zu seiner Zeit bekannt gewesen. Er sitze aber nicht im Ausschuss und wolle sich hier "nicht einmischen, um sich keine Parteilichkeit vorwerfen zu lassen".

Auf Spekulationen über künftige Posten und eine mögliche Kandidatur für das Bundespräsidentenamt ließ sich Sobotka nicht ein.