Ende 2020 zählte man in Österreich 8132 Mediziner mit Kassenvertrag. Im Zehn-Jahres-Vergleich verringerte sich die Anzahl der Kassenärzte um 369 Vertragsärzte. Und das bei einer älter werdenden und wachsenden Bevölkerung, deren Bedarf nach medizinischer Versorgung steigt. Das sorgt mitunter dafür, dass Kassenpatienten keinen Termin mehr bekommen. Die Zahl der Wahlärzte hingegen wächst in Österreich beständig. 2010 waren es noch 7403, Ende 2020 bereits 10.578 – um 289 mehr als 2019. Parallel zu dieser Entwicklung fällt eine immer stärkere Auslastung der Spitalsambulanzen auf.

Die drei Phänomene sind miteinander verbunden. Der jahrelange Stillstand und der Dauerzwist zwischen Krankenkassen und Landes-Ärztekammern hat genau zu diesen Entwicklungen geführt.
Für die Ärztekammern ist und war die Option Wahlärzte ein Zuckerl für das eigene Klientel, weil Kassenverträge auf hohe Frequenzen aufgebaut sind.

Für die Kassen kommt es letztlich günstiger, wenn Patienten zum Wahlarzt gehen. Viele Patienten reichen die Kostenerstattungen nicht ein, und die 80 Prozent Rückerstattung gibt es nur vom Kassentarif, nicht von der Summe, die der Wahlarzt verlangt. Billiger ist es für die Kassen auch, wenn Patienten in Spitalsambulanzen gehen, obwohl sie eigentlich aufgrund ihrer Fälle beim niedergelassenen Arzt behandelt werden müssten (30 bis 40 Prozent der Patienten in den Notfallambulanzen, so Experten).

Geld sparen durch ambulante Überlastung

Die finanzielle Belastung für die Sozialversicherung (Kasse) für ambulant erbrachte Leistungen in Spitälern ist durch Zuzahlung von Land und Bund im Rahmen der regulären Krankenhausfinanzierung (ca. 57 Prozent Sozialversicherung, ca. 15 Prozent Bund, ca. 28 Prozent vom Land) im Vergleich zu einer Leistungserbringung im niedergelassenen Bereich dramatisch reduziert.

Damit sind ausgerechnet die jahrelang erbitterten Feinde Ärztekammer und Gesundheitskasse Auslöser für eine Entwicklung, die unser Versorgungssystem im niedergelassenen Bereich in eine Schieflage gebracht hat. Wie prekär die Lage ist, zeigen politische Ankündigungen, die bis zu einem Verbot von oder Verpflichtungen für Wahlärzte reichen. Für Vertragsärzte zahlte die ÖGK im Jahr 2020 2,26 Milliarden Euro aus, während für Wahlarztleistungen ein niedriger dreistelliger Millionenbetrag für Rückerstattungen an die Patienten anfielen. Insgesamt gab es 3,8 Millionen Kostenerstattungsanträge.