Eva Dichand verhilft dem österreichischen Privatstiftungsrecht dieser Tage zu seltener Aufmerksamkeit. Wie berichtet, ermittelt die WKStA gegen die Herausgeberin der Gratiszeitung "Heute" wegen des Verdachts der Bestechung und Bestechlichkeit. Dichand bestreitet die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

Dichand soll beim ehemaligen Generalsekretär im Finanzministerium, Thomas Schmid, gegen eine Novelle des Privatstiftungsgesetzes interveniert haben, regelrecht "Terror" habe sie gemacht, sagte Schmid aus. Die Gesetzesänderung wurde im Juni 2017 in Begutachtung geschickt, aber nie beschlossen.

Blackbox Privatstiftung

"Die Novelle hat für viel Wirbel gesorgt", sagt Susanne Kalss, Unternehmensrechtlerin auf der Wirtschaftsuniversität Wien, die 2017 auch Veranstaltungen zur geplanten Gesetzesänderung organisiert hat. Das Gesetzesvorhaben hatte zwei Eckpunkte: Einerseits hätte die Reform den Stiftern mehr Macht eingeräumt. Denn das Gesetz sieht vor, dass in Stiftungen nicht sie entscheiden, sondern der zu bestellende dreiköpfige Vorstand. In der Vergangenheit sorgte diese Konstellation zu Auseinandersetzungen und Vorständen, die sich verselbstständigten. Dieser Aspekt der Novelle war durchaus im Sinne der Stifter.

Der zweite Eckpunkt war die Transparenz. Dass diese kein Hauptaugenmerk ist, verdeutlicht das Mysterium, das sich um Privatstiftungen rankt. Es ist nicht leicht, belastbare Daten und Fakten über Österreichs Privatstiftungen herauszufinden. 70.000 Euro muss man einzahlen, um zu eine gründen. Eine Errichtung zahlt sich wegen der hohen administrativen Kosten erst ab 30 Millionen Euro aus, erklärte der Privatstiftungsverband 2016.

Rund 3.000 Privatstiftungen gibt es in Österreich, wie viel Vermögen in ihnen liegen, ist ein Geheimnis. 2014 ging die Nationalbank von 55 Milliarden Euro aus, 2011 der Privatstiftungsverband von 70 Milliarden. Beide Zahlen wurden immer wieder infrage gestellt. "Über die wirklich Reichen wissen wir nichts. Das ist eine unerträgliche Blackbox", schrieb Bruno Rossmann, damals Grüner Wirtschaftssprecher, 2016 in einem offenen Brief.

Steuerliche Vorteile reduziert

Fest steht, dass eine Vielzahl von Österreichs Superreichen Privatstiftungen nutzt. Erst 1993 per Gesetz erlaubt, setzte in den 1990er-Jahren ein wahrer Run auf die Privatstiftungen ein: Bald hatten "Billa"-Gründer Karl Wlaschek, die Familie Palmers und "Krone"-Herausgeber Hans Dichand eine. Grund dafür waren die massiven steuerlichen Vorteile. Bei der Einzahlung des Vermögens waren bis 2008 fünf Prozent zu entrichten, eine etwaige Erbschaftssteuer – die damals noch bestand – entfiel allerdings. Auch wenn Anteile an einem Unternehmen, die in einer Privatstiftung gelagert waren, verkauft wurden, entfiel die andernfalls fällige Veräußerungsgewinnsteuer.

"Den Großteil dieser Vorteile gibt es heute nicht mehr", sagt Kalss. Einer besteht allerdings weiterhin: Wer sein Einkommen aus den Ausschüttungen einer Privatstiftung bestreitet, muss darauf nicht Lohn- oder Einkommenssteuer zahlen, sondern Kapitalertragssteuer. Sie beläuft sich auf 27,5 Prozent.

Geheime Zusatzurkunde

Wer in den Genuss dieser Zahlungen kommt, ist jedoch Verschlusssache. Bei Gründung muss man im Firmenbuch zwar angeben, wer der Stifter und was der Zweck der Privatstiftung ist. Das ist also einsehbar. Welche Vermögenswerte hinterlegt werden und an wen welche Beträge ausbezahlt werden, ist Angelegenheit einer sogenannten Stiftungszusatzurkunde. Und diese muss nicht öffentlich gemacht werden. "Meist ist darin geregelt, welche Familienmitglieder welche Summen wann bekommen", sagt Kalss. "Manchmal sind das monatliche Zahlungen, manchmal ein Fixbetrag. Es gibt gute Gründe, warum solche Dinge privat bleiben."

Die 2017 vorgelegte Novelle hätte die Zusatzurkunde nicht angetastet. Allerdings war vorgesehen, dass die Privatstiftungen Daten wie Vermögen, Jahresabschlüsse und Verbindlichkeiten der "Statistik Austria" übermitteln. Wohl auch, um eine bessere Übersicht zu erhalten. Kalss verweist darauf, dass diese Daten sowieso an die Finanzämter übermittelt werden müssen, die Erfassung von der "Statistik Austria" sei Angelegenheit des Staates. Anders sieht das der Wiener Anwalt Peter Melicharek, der 2017 auch eine Stellungnahme zum Gesetz abgab: "Den Stiftern wäre kein Zacken aus der Krone gefallen, wenn sie diese Kennzahlen zur Verfügung gestellt hätten", sagt er. "Statistische Daten sind nicht personenbezogen."

Stifterfrühstück 2018

Trotz der gescheiterten Novelle 2017 ist die Debatte um eine Änderung des Privatstiftungsgesetzes nie ganz verstummt. Laut Berichten des "Profil" kam es im 2018 im Finanzministerium zu einem "Stiftungsfrühstück" mit zahlreichen Privatstiftern. Gegenstand seien aber Steuererleichterungen und die Beschneidung der Macht der Vorstände und nicht die Erhöhung der Transparenz gewesen. "Transparenz scheint mir eher kein den meisten Stifterinnen und Stiftern von Privatstiftungen innewohnender Wunsch zu sein", sagt Anwalt Melicharek. Aktuell ist eine Reform nicht geplant, wie Justizministerin Alma Zadić am Dienstag dem "Standard" sagte.