Österreichs Landesämter für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) bekommen einen neuen Namen: Analog zur Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) werden sie künftig Landesämter für Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) heißen. Umgesetzt werden soll die Reform bis Anfang 2024.

Dadurch verlieren die Länder den nachrichtendienstlichen Aspekt, der künftig nur noch der DSN unterliegen soll. Dafür soll künftig in den Ländern eingeschätzt werden, wer eine Person ist, von der eine besondere Gefahr für den Staat ausgeht. Das klare Ziel sei, "das Schutzschild der Republik zu modernisieren und weiterzuentwickeln", sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Dazu soll es vor allem in drei Bereichen konkrete Verbesserungen geben:

  • "Normale" Polizisten sollen als sogenannte "Staatsschutzsensoren" für die DSN "Augen und Ohren des Staatsschutzes in allen Teilen des Landes haben", erklärte Innenminister Karner. So sollen relevante Informationen künftig rascher weitergegeben werden. Laut DSN-Direktor Omar Haijawi-Pirchner sollen diese Beamten durch ihre Ausbildung ein besseres Bewusstsein für die Arbeit des Verfassungsschutzes haben und mögliche Probleme rascher melden.

  • "Ermittlungen im Cyber-Raum": Sowohl Radikalisierung als auch Straftaten finden zunehmend online statt. Daher sollen künftig in jedem Landesamt eigene Fachabteilungen für IT-Forensik und -Ermittlung geschaffen werden. In sechs Bundesländern werden in der Kriminaldienstreform Cybercrime-Trainingscenter eingerichtet, die auch diese Beamten ausbilden sollen. Kärnten und Salzburg werden sich etwa ein Trainingscenter teilen.

  • Prävention: Speziell ausgebildete Polizistinnen und Beamte sollen aktiv vor allem auf Jugendliche und junge Erwachsene etwa in Schulen oder Vereinen zugehen. Radikalisierung soll so verhindert beziehungsweise frühzeitig erkannt werden. 80 Personen werden dafür heuer ausgebildet, der erste Lehrgang für diese Präventionsbediensteten wurde bereits mit 25 Teilnehmenden gestartet.

Die Landesämter folgen damit der Reform der DSN: Die klare Trennung von Staatsschutz und Nachrichtendienst sei aufgrund geänderter Bedrohungsszenarien, der Hausdurchsuchung bei der Vorgängerorganisation BVT und "Nachteile in der internationalen Zusammenarbeit" notwendig geworden, erklärte der Generaldirektor für Nationale Sicherheit, Franz Ruf, bei der heutigen Präsentation der LVT-Reform.

Die neuen LSE sind an die Struktur der DSN angepasst und sollen ausschließlich für den Staatsschutz zuständig sein, so Ruf: "Der Nachrichtendienst bleibt bei der DSN". Durch eine Reform könnten theoretisch auch die Leitungsfunktionen der Landesämter neu ausgeschrieben werden – und zwar dann, wenn sich die Aufgaben um mehr als ein Viertel ändern. Danach sehe es zurzeit aber nicht aus, sagte Ruf.

Risiko rechtsextremer Anschläge "nicht zu unterschätzen"

DSN-Direktor Haijawi-Pirchner ortet konkrete Gefahren vor allem im rechtsextremen und islamistischen Bereich. Von den 150 Hochgefährdern in Österreich gehören laut "Kurier" zwei Drittel der rechtsextremen Szene an, ein Drittel der islamistischen. Bei beiden Gruppen müsse man von konkreten Anschlagsvorbereitungen in Europa ausgehen, so der Chef des Verfassungsschutzes. In Österreich sieht er aktuell keine konkrete Gefahr, warnt jedoch im islamistischen Bereich von rückkehrenden "Foreign Fighters", die etwa im Irak oder in Syrien Kampferfahrung gesammelt haben. Der Krieg in der Ukraine würde außerdem die Wahrscheinlichkeit illegalen Waffenhandels erhöhen.

Der Rechtsextremismus berge mittel- und langfristig die Gefahr, "den gesellschaftlichen Frieden zu gefährden", indem er etwa auch rechtskonservative Kreise radikalisiere, sagte Haijawi-Pirchner am Dienstag. Zudem beobachte man im rechtsextremen Milieu "eine hohe Waffenaffinität". Die Möglichkeit eines rechtsextremen Gewaltaktes stelle ein "nicht zu unterschätzendes Risiko" dar, so Haijawi-Pirchner. Im Bereich des Linksextremismus ortet der DSN-Direktor Schnittmengen von militanten Umweltbewegungen zu linksextremistischen Gruppen, die eine hohe Militanz und Gewaltbereitschaft aufweisen würden. Auch würde die Staatsverweigerer-Szene sowohl vom rechts- wie vom linksextremen Rand Zulauf finden.

Zuletzt hatte Haijawi-Pirchner seine Forderung nach einem Bundes-Trojaner gegenüber dem Standard erneuert. Im Regierungsprogramm sei die Ausweitung der Möglichkeiten für den Staatsschutz vorgesehen, sagte dazu Innenminister Karner. Man diskutiere nun innerhalb der Koalition, welche Möglichkeiten der DSN zur Verfügung gestellt werden könnten.