Der gelernte Chemiker Bernhard Perner sollte heute im U-Ausschuss Auskunft zur Vergabe der Corona-Hilfen geben. Perner stieg im Jahr 2013 unter Maria Fekter (ÖVP) ins Finanzministerium ein. Michael Spindelegger (ÖVP) holte den Beamten ins politische Kabinett, wo er für die Abwicklung der Hypo Alpe Adria zuständig wurde. Seit 2016 überwachte er die maroden Banken aus der Abbaugesellschaft Abbag.

Gleichzeitig wurde er vom Finanzministerium projektbezogen als "Experte" zugezogen, erklärte Perner - etwa um den Umbau der Öbib zur Öbag vorzubereiten. Überhaupt hätte die Abbag teilweise fünf Mitarbeiter zur Gänze dem Finanzministerium zur Verfügung gestellt und die Kosten dann an das Ministerium verrechnet. Diese Mitarbeiter seien "nur am Papier" bei der Abbag. Dass sein Unternehmen so zu einer Art Durchlaufposten für das Ministerium wird, habe ihn auch gewundert, sagte er auf Nachfrage. Wie das Ministerium seine Angestellten auswählt, weiß der Geschäftsführer nicht.

Er habe keine Parteimitgliedschaft und sei nie politisch aktiv gewesen, sagte Perner: "Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass meine berufliche Laufbahn ausschließlich auf meiner Qualifikationen und meinen Leistungen beruht", erklärte der frühere internationale Berater, der auch auf seine langjährige Führungserfahrung und Lehrtätigkeit für Finanzmathematik an der TU Wien verwies.

Als im März 2020 durch Corona erneut eine Finanzkrise drohte, stand Perner wieder parat: Die Abbag bekam die "Covid-19-Finanzierungsagentur des Bundes GmbH", kurz Cofag, als Tochterfirma – und Perner als Chef. Dass eine eigene Gesellschaft eingerichtet wurde, sei ein "Learning aus der Finanzkrise" gewesen, erklärte der Finanzexperte. Seinen Posten bei der Abbag behielt der frühere Vertraute von Ex-Öbag-Alleinvorstand Thomas Schmid. Der Abbag-Aufsichtsrat hatte mit dem so entstandenen Doppelgehalt kein Problem. Nach öffentlicher Aufregung habe er 80.000 Euro dennoch "freiwillig" zurückgezahlt, sagte Perner heute.

"Die Cofag ist nichts anderes als Intransparenz und Freunderlwirtschaft in einen rechtlich schönen Rahmen gegossen", sagte Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper. Man habe ein neues Konstrukt geschaffen, um Transparenz zu umgehen. Perner sei mit Thomas Schmid im Kabinett des Finanzministeriums gesessen und habe Öbag und Abbag gebaut. Danach seien beide in die Öbag, Perner zusätzlich noch in die Abbag und später die Cofag gegangen. Dass er seinen eigenen Job maßgeschneidert hätte, wies der Finanzexperte auch heute wieder zurück. Ihn habe der Umbau der Öbag schlicht interessiert, daher sei er dort tätig geworden.

"Beträchtliches Überförderungspotenzial"

Im U-Ausschuss sollte Perner heute aber auch die umfassende Kritik des Rechnungshofs an der Cofag erklären. Die Prüferinnen und Prüfer des Rechnungshofs bemängelten teure Aufsichtsräte, millionenschwere Ausgaben für teils einfache Dienstleistungen und "beträchtliches Überförderungspotenzial" in der Höhe Hunderter Millionen Euro.

Die Cofag habe insgesamt 1,3 Millionen Anträge bearbeitet und zu Spitzenzeiten pro Monat mehr Anträge abgewickelt als andere Förderinstrumente im Jahr, hielt dem Perner heute entgegen. Durch Automatisierungen habe man sicherstellen können, dass kein einziger Antrag ungeprüft abgewickelt wurde und die Cofag dennoch rasch handeln konnte. Außerdem konnte "in der Cofag kein einzelner Mensch alleine etwas entscheiden", verweist ihr ehemaliger Chef auf ein umfassendes Vier-Augen-Prinzip.

Auch die Cofag selbst hält fest, zu Beginn der Pandemie rasch ausreichend und qualitativ hochwertige Expertise für die Prüfung und Abwicklung der Förderanträge benötigt zu haben. Bei operativ tätigen Förderrechtsexperten, Finanzierungsexperten, Wirtschaftsprüfern, Programmierern und Datenanalysten könne weder von "Beratern" noch von "einfachen Dienstleistungen" gesprochen werden. Und wenn die Prüfkosten der Cofag kritisiert würden, müsse man auch fragen, welche Form der Abwicklung von mehr als 1,3 Millionen Anträgen günstiger gewesen wäre.

Teure externe Dienstleister

Rekordgewinne aufgrund von Covid-Hilfen seien hingegen laut den Leitlinien kein Grund, Förderungen zurückzufordern, kritisierte hingegen SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer: "Das Ergebnis ist, dass wir Milliarden Euro für Firmen ausgegeben haben, die das nicht brauchen." Die Richtlinie sei vom politischen Büro des damaligen Finanzministers Gernot Blümel (ÖVP) und der Anwaltskanzlei Schönherr geschrieben worden, die Fachexpertinnen und -experten des Ministeriums seien außen vor gelassen worden, erinnerte der SPÖ-Abgeordnete.

Warum man hier die Finanzprokuratur nicht eingebunden habe, könne er nicht beantworten, das hätte das Finanzministerium machen müssen, sagte Perner dazu. Dass die Cofag ausgegliedert wurde, sei schlussendlich eine Entscheidung des damaligen Finanzministers Blümel gewesen. Dieser trage daher auch die politische Verantwortung dafür, findet der Ex-Cofag-Chef. Der aktuelle Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) kündigte an, 2023 die Hilfen noch einmal verstärkt durch die Finanzverwaltung kontrollieren zu lassen. Dies betrifft aber nicht Firmen, die trotz Corona Gewinn gemacht haben und gefördert wurden, sondern nur jene, die Geld fälschlicherweise bezogen haben.

Zusätzlich sei die Cofag selbst durch ihre Struktur teuer gewesen, kritisierte der Rechnungshof: Bis Jahresende 2021 wurden laut Cofag knapp 36 Millionen Euro für externe Dienstleister ausgegeben. Allein externe Schriftführer für den Aufsichtsrat verursachten bis September 2020 Kosten von 125.000 Euro.

"Erfolgsgeschichte" bis "Selbstbedienungsladen"

Das Finanzministerium argumentiert, dass diese Ausgaben notwendig gewesen seien. Der Staat könne es sich nicht leisten, Ressourcen für derart unerwartete Krisen dauerhaft vorzuhalten. Externe Dienstleister seien vor allem für Prüftätigkeiten genutzt worden, argumentiert die Cofag, und: "Durch die umfassenden Prüfprozesse wurden bisher potenzielle Überzahlungen in der Höhe eines dreistelligen Millionen-Euro-Betrages identifiziert und die Auszahlung dieses Steuergelds vermieden". Der türkise Fraktionsführer Andreas Hanger erinnerte auch an den hohen Zeitdruck im März 2020. Man habe schnell und unbürokratisch helfen müssen. Das habe die Cofag getan, insofern sei sie eine "Erfolgsgeschichte".

Ja, man habe rasch handeln müssen, gab die grüne Fraktionschefin Nina Tomaselli ihrem Koalitionspartner recht. Aber dass einzelne die Chance genutzt hätten, um für sich selbst Profit zu schlagen, "das macht mich wütend, das macht mich betroffen". Perner habe das doppelte Gehalt des Bundeskanzlers für einen 10-Wochen-Job bezogen. Und auch Freunde des Cofag-Chefs hätten an dem Konstrukt ganz gut verdient, sagte Tomaselli.

Erfolgsprämie für Heta-Abbau

Insofern sei die Cofag aus ihrer Sicht ein weiteres Beispiel dafür, wie eine Gruppe meist junger Männer rund um Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) die Republik "zu einem Selbstbedienungsladen" umbauen wollte. Dieses Bild teilt auch SPÖ-Fraktionschef Krainer. Er wollte heute zusätzlich herausarbeiten, dass Perner in der Abbag eine Erfolgsprämie von 579.000 Euro für Ziele bekam, zu deren Erreichen er gar keinen Einfluss haben konnte.

Perner sieht das anders: Er habe "sicherlich einen erheblichen" Einfluss darauf gehabt, dass die Republik Garantien für die "Bad-Bank" Heta auch zurückerhielt. So habe die Abbag etwa dem Kärntner Ausgleichszahlungs-Fonds unter die Arme gegriffen, Verhandlungen mit Gläubigern der Heta geführt und mit dem Freistaat Bayern verhandelt. Dadurch sei nicht nur die Zahlungsunfähigkeit der Heta verhindert, sondern auch, dass Kärnten nicht bankrott gegangen ist. Somit habe der Bund dann auch mehr Geld aus der Heta erhalten. Auch der Aufsichtsratsvorsitzende der Abbag, Wolfgang Nolz, verteidigte die Erfolgsprämie.

Abbag als "Durchlaufposten" für "marktübliche" Gehälter

In der Abbag würden fünf bis sechs Personen arbeiten, erklärte deren Geschäftsführer auf Nachfrage. Dazu zählt er nicht vier bis fünf "nur am Papier" bei der Abbag Angestellte, die eigentlich für das Finanzministerium arbeiten würden - und dort auch ihre Schreibtische hätten. Die Genannten seien "marktkonform", und "eben nicht im BMF-Gehaltsschema" angestellt, die Personalkosten würde die Abbag an das Finanzministerium einfach weiterverrechnen, erklärte Perner.

Wie das Ministerium diese Abbag-Mitarbeiter auswählte, kann der Geschäftsführer nicht sagen. Er weiß auch nicht, ob es Besetzungskommissionen gab. Dass die Abbag so zu einem "Durchlaufposten" für das Ministerium wird, habe ihn auch gewundert, gibt Perner zu. Ob das Ministerium so gesetzliche Vorgaben zur Personalbesetzung umgehen könne, müsse man dort nachfragen.

Eine Anfrage der Kleinen Zeitung an das Ministerium ist noch nicht beantwortet. Die vier bis fünf Mitarbeiter dürften zum sogenannten "Banken-Team" gehören, sagte Abbag-Aufsichtsratschef Nolz. Was dieses Team genau mache, wisse er aber nicht.