Nicht alle Menschen, die in Österreich um Asyl ansuchen, haben auch Chancen auf einen positiven Bescheid. Bei der Rückführung tut sich das Innenministerium (BMI) aber schwer: Bis Ende September reisten heuer etwa nur 4.658 Asylwerbende freiwillig in ihr Heimatland zurück, 3.349 mussten zur Ausreise gezwungen werden.

Die internationale Organisation International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) sollte das für das BMI ändern: Rund 770.000 Euro wurden für ein Pilotprojekt bewilligt, durch das die Organisation 33 abgewiesene nigerianische Asylwerbende zu einer freiwilligen Rückkehr bewegen wollte. Dafür sollten die Teilnehmer zunächst in Österreich informiert werden, dann nach Nigeria zurückgeflogen werden und schlussendlich vor Ort in Schulungen auf ihr Leben im Heimatland vorbereitet werden.

Schwere Kritik der Fachabteilung

Erfolgreich war das Projekt allerdings nicht: Nur ein einziger Nigerianer reiste in sein Heimatland zurück, die Schulung vor Ort absolvierte er nicht mehr. Die Organisation reichte dennoch Kosten über 300.000 Euro ein. In einer Information an den damaligen Innenminister und nunmehrigen Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) kritisierte die zuständige Fachabteilung im Feber 2021 unter anderem eine Vielzahl von Fehlern, hohe Stundensätze und nicht förderfähige Kostenpositionen im Antrag des ICMPD.

Die ganze Fördersumme wurde mit Verweis auf die Bemühungen der Organisation aber nicht zurückgefordert, das BMI zahlte 2021 insgesamt rund 270.000 Euro aus, kritisierte der SPÖ-Fraktionsvorsitzende im U-Ausschuss, Kai Jan Krainer. Auf der Website des ICMPD findet sich nach einer Meldung über das "Kick-off-Event" aus dem Mai 2021 keine weitere Pressemeldung zu dem Projekt.

Nehammer wohl "rudimentär" informiert

Generaldirektor des ICMPD ist Ex-Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP). Im U-Ausschuss konnte sich Andreas Achatz, Ex-Kabinettschef im BMI und nunmehriger Büroleiter von Kanzler Karl Nehammer, an das Projekt nicht mehr erinnern. Die harsche Kritik der Fachabteilung und die Rückforderung zeige aber, dass das Ressort gut arbeite, befand er.

Nehammer sei wohl "rudimentär" über den Vorfall informiert worden, sagte dessen Kabinettschef, nachdem ihm das Informationsschreiben an den Minister vorgelegt wurde. An das Schreiben der Fachabteilung sind auch zwei Briefentwürfe an Spindelegger – einer von Nehammer und einer von Achatz – angehängt waren.

In dem Text erklärt der damalige Kabinettschef des Innenministeriums dem Ex-ÖVP-Parteichef, dass trotz Verfehlung der vereinbarten Ziele "das Tun und das Bemühen" förderfähig seien. Wörtlich heißt es etwa "(es) wurde hier ein bestehender Spielraum - bis zur äußersten Grenze der Interpretation - ausgereizt und somit konnten letztlich trotz völlig verfehlter Zielzahlen im Projekt (...) Fördergelder iHv. € 273.566,37 anerkannt werden".

Achatz konnte im U-Ausschuss den Text nicht einordnen, auch ob die Briefe abgeschickt wurden, wusste er nicht mehr. Über seinen Schreibtisch gingen viele Briefe, das Ganze sei über als ein Jahr her, er habe daher leider keine Erinnerung daran. Auch ob das ICMPD nach dem Vorfall für weitere Projekte beauftragt wurde, wusste Achatz nicht.

ICMPD verweist auf Pilotprojekt

Auf Rückfrage bestätigte das ICMPD, dass nur ein einziger abgewiesener Nigerianer freiwillig in sein Heimatland zurückreiste. Für die Beurteilung entscheidend sei aber, dass es sich um ein Pilotprojekt handelte. Da Nigeria "trotz Rückführungsabkommen zwangsweise Zurückbringung nur in wenigen Fällen akzeptiert hat" habe man neue Möglichkeiten für die freiwillige Rückkehrvon Asylwerbern gesucht.

Das Konzept dafür: "Auf eine kurze Ausbildung der abgewiesenen Asylwerber aus Nigeria bei Unternehmen in Österreich sollte eine freiwillige Rückführung mit einem Arbeitsplatz in Nigeria folgen. Die Schwerpunkte der Projektarbeit lagen darin, Unternehmen in Österreich dafür zu finden, die notwendigen Kontakte in Nigeria aufbauen und dort die Behörden und Akteure zu überzeugen sowie die potenziellen Rückkehrer in Österreich zu informieren".

Man habe erfolgreich Unternehmen gefunden, die an einem Ausbildungsprogramm für Fachkräfte in Nigeria teilnehmen. Auch das Herstellen der Kontakte in Nigeria sei gelungen, dadurch gebe es eine "weitaus verbesserte Abwicklung von Rückführungen". Da aber nun abgewiesene Asylwerber zurückgeführt werden können, werde im Grunde "– wenn man das Große und Ganze betrachtet - dem Staat und damit dem Steuerzahler Geld erspart".