Die Impfkampagne "Österreich impft" ist im Juli ausgelaufen, derzeit sind 58,1 Prozent der Österreicher voll immunisiert. Im Ländervergleich ziehen andere Länder davon, die Corona-Impfbereitschaft lässt nach. Der ORF hat nachgefragt, warum derzeit keine Impfkampagne läuft: Im heutigen Ö1 Morgenjournal wurde berichtet, dass erst im Herbst eine Kommunikationsagentur eine neue Kampagne liefern soll. Warum wird hier die Regierung nicht tätig?

Die Schlüsselfrage sei laut dem Politologen Peter Filzmaier: „Kann oder will die Regierung nicht an vorderster Stelle der Impfkommunikation stehen.“ Man stoße tatsächlich an Grenzen, denn es gehe ja nicht darum, „dass der Kanzler Sebastian Kurz im Kernland Niederösterreich Impfwillige überzeugt, dort haben sie schon den Stich, genauso geht es nicht darum, dass der grüne Gesundheitsminister in Wien Neubau, einer grünen Hochburg, Impfwillige überzeugt, auch die haben wahrscheinlich schon den Stich“, sondern man müsste dorthin gehen, wo es weh tue, beispielsweise zu FPÖ-Wählern.

"Geschichte vom schönen Sommer abändern"

Damit sei man bei der Unpopularität der Impfkommunikation und bei der Frage, wolle die Bundesregierung nicht? Die Regierung müsse ihre eigene Geschichte vom schönen Sommer jetzt plötzlich abändern. „Der Bundeskanzler hat nicht gesagt, dass die Pandemie nur für Geimpfte jetzt vorbei ist, sondern er habe im März sogar einmal gesagt, wir haben sie im Sommer überhaupt besiegt.“ Jetzt eine Impfkampagne zu starten mit der Aussage, unsere eigenen Ankündigungen waren so nicht richtig, das will man vielleicht nicht.

Was man besser machen könnte? Mehr in sozialen Medien kommunizieren, aber im Sinn von „dorthin wo es wehtut, nicht in den eigenen Blasen und unter eigenen Anhängern“ und auch nicht mit Testimonials, an deren Seite man sich gerne zeige. Sondern man müsste in fremde Blasen hinein. Man müsste Testimonials, aus Sport, Kultur Verbündete suchen, die beispielsweise bei FPÖ-Wählern gut ankämen.

Nicht wirklich versucht habe man auch das System der Belohnungen. Das sei zugegeben schwierig, denn man müsste bei Impfbereitschaft für jeden einzelnen individuell eine Belohnung finden. Warum nicht in Pilotprojekten Lotterien wie in den USA versuchen, „denn wir müssen alles probieren.“

Angesichts der Oberösterreich-Wahl in vier Wochen wäre es naheliegend, eine gewisse Scheu vor Impfansagen auf ÖVP-Seite anzunehmen, denn es gehe einerseits um Wechselwähler zwischen ÖVP und FPÖ, es gehe aber auch um Nichtwähler. Die FPÖ habe bei den letzten Wahlen nach Ibiza und Spesenaffäre massiv auch ins Nichtwählerlager verloren. Hier bräuchten die Freiheitlichen ein Mobilisierungsthema. Und wenn jetzt Impfen im Mittelpunkt stehe, die ÖVP-gefühlte Landes- und Bundesregierung hier unpopuläre Ansagen machen müsse, dann hätte die FPÖ ihr Kampfthema.

Zwischen den Grünen und der ÖVP gäbe es eine politische Auseinandersetzung beim Impfthema, wer was wann präsentiere. Es sei nun kein Wettlauf mehr wie vor dem Sommer, sondern eher ein Mikado-Spiel: "Niemand will die unpopulären Dinge bis hin zur Impfpflicht als erster in den Mund nehmen."