Der seit vier Tagen schwelende Streit zwischen den Grünen und der Wirtschaftskammer (WKÖ) über die künftige Klimapolitik ist um eine Facette reicher: Die Grüne Wirtschaft ruft zu einem Boykott der WKÖ-Mitgliedsbeiträge auf.

"Die Spitzenrepräsentanten der ÖVP-dominierten Wirtschaftskammer torpedieren fortschrittliche Klimapolitik. So lange die WKÖ diesen Kurs fährt, rufen wir dazu, auf die Zahlung der Beiträge zu stoppen" so Sabine Jungwirth, Sprecherin der Grünen Wirtschaft.

Zum Boykott aufgerufen hatte diese Woche zunächst der Pöllauer Unternehmer Georg Kury, der im Vorjahr für die Grüne Wirtschaft bei der Kammerwahl kandidierte. Sein Schreiben an die WKÖ gelangte über Twitter an die Öffentlichkeit. Der dazugehörige Hashtag #WKOboykott" war ein österreichweiter Trend auf der Plattform.

Jungwirth sagt, sie habe am Freitag das Verfahren zum Einspruch gegen die Einhebung ihrer Kammerumlage mittels Schreiben an die WK Steiermark gestartet. Die vor kurzem geleakte Studie der Kammer zum Klimaschutzgesetz sei nämlich "an Ignoranz gegenüber den realen Notwendigkeiten und den wirtschaftlichen Interessen der eigenen Mitglieder kaum zu überbieten".

Karlheinz Kopf, Generalsekretär in der Wirtschaftskammer, hatte vor wenigen Tagen Vorschläge von Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) zur CO2-Bepreisung als "ideologiegetriebene Bestrafungsfantasien" bezeichnet.

Fridays-For-Future-Demo vor Kammer-Standorten

Und bereits seit Wochen wettern Kammervertreter gegen die Einführung einer Normverbrauchsabgabe (NoVA) für Klein-Lkw. Höchst umstritten sind auch Überlegungen, das Steuerprivileg von Diesel gegenüber Benzin abzuschaffen. Und auch eine verpflichtende Herkunftsbezeichnung für die Speisen in der Gastronomie, wie dies die Grünen fordern, wird von der Wirtschaft abgelehnt.

Für zusätzliche Spannungen sorgten Überlegungen des ÖVP Wirtschaftsbundes, Langzeitarbeitslosen die Unterstützungsleistung zu kürzen und die Zumutbarkeitsbedingungen zu verschärfen. Die Grüne Klubobfrau Sigrid Maurer konterte damals ungewohnt scharf. "Egal, ob beim Klima oder bei der Arbeitsmarktpolitik, es ist ein altes, ein unsoziales Denken, das auf Ausbeutung von Mensch und Natur basiert", meinte sie in Richtung Wirtschaftskammer und deren Präsidenten Harald Mahrer.

Um 13:00 Uhr findet heute vor der Wirtschaftskammer in Wien-Wieden sowie an mehreren weiteren Kammerstandorten (Salzburg, Linz, Graz, ...) eine Demo von Fridays for Future statt, auch sie richtet sich gegen die Klimapolitik der WKÖ. In Wien werden rund hundert Teilnehmer erwartet, hieß es am Freitag zur APA.