Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat nach der sehr kritischen Begutachtungsphase der geplanten neuen Corona-Gesetzesregelungen am Montag einen neuen Entwurf zum Epidemiegesetz, zum Tuberkulosegesetz und zum Covid-19-Maßnahmengesetz vorgelegt und die Parlamentsfraktionen zu einem Gespräch über diese Gesetzesvorhaben eingeladen.

Die Oppositionsparteien SPÖ und Neos zeigten sich im Vorfeld verärgert darüber, dass sie die umfassenden Gesetzesänderungen erst gestern Abend kurz vor Mitternacht bekommen haben und somit kaum Zeit hatten, sich damit ausführlich zu befassen. Sie bemängelten zudem, dass sie keine Textgegenüberstellung zum alten Entwurf bekommen haben, sondern nur eine zur aktuellen Rechtslage. Damit sei es viel mühsamer, die kritisierten Passagen in der ursprünglichen Fassung mit den nun vorgenommenen Änderungen zu vergleichen, sagte Gerald Loacker von den Neos im Gespräch mit der APA.

Die FPÖ war erst gar nicht zu dem Treffen erschienen. Klubobmann Herbert Kickl bezeichnete den Entwurf in einer Aussendung als "gesundheitspolitisches Kriegsrecht und fortgesetzter Raubbau an den Grund- und Freiheitsrechten". "Als Staffage für diesen ungeheuerlichen Angriff auf verfassungsmäßig geschützte Rechte der Bürger geben wir uns nicht her", begründete er sein Fernbleiben.

Die Freiheitlichen wollen die zeitgerechte Arbeit an dem Gesetz offenbar blockieren - indem sie den Gesundheitsausschuss, wo sie Vorsitz führen, nicht einberufen: "Das ist das erste Mal in der Geschichte des Parlaments, dass eine Partei die Einberufung eines Ausschusses aus inhaltlichen Gründen verweigert", ist die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer konsterniert.

Grundlage für Ampel und Ausgangssperre

Der neue Entwurf, der der APA vorliegt, bietet die Grundlage für die Ampelregelung sowie für eine weitgehende Ausgangssperre. Letztere muss nun im Gegensatz zur Ursprungsfassung vom Hauptausschuss des Nationalrats genehmigen werden. Auch weniger weitreichende Betretungsverbote in Unternehmen und an öffentlichen Orten müssen durch den Hauptausschuss. Zudem bekommen Landesbehörden die Möglichkeit, regional unterschiedliche Maßnahmen zu ergreifen.

Mit dem neuen Entwurf reagiert Anschober auf die massive Kritik, die sein erster Vorschlag in der Begutachtung ausgelöst hatte. Unter anderem hatte die Rechtsanwaltskammer kritisiert, dass bei Betretungsverboten nur zwischen "bestimmten Orten" und "öffentlichen Orten" unterschieden wird. Dies wird im neuen Entwurf nun deutlich genauer geregelt. Damit hofft das Gesundheitsministerium, künftige Ausgangsbeschränkungen rechtlich wasserdicht verfügen zu können. Die im ersten "Lockdown" verhängten Verordnungen waren vom Verfassungsgerichtshof nämlich im Juli aufgehoben worden, weil sie nicht dem Gesetz entsprachen.

Das neue Covid-Maßnahmengesetz soll nun eigene Regeln für Betretungsverbote in Betriebsstätten, Arbeitsorten und Verkehrsmitteln sowie an sonstigen öffentlichen Orten enthalten. Explizit ausgenommen ist nur der private Wohnbereich. Für Wohnungen und Hauser (inklusive Gärten, Keller, Garagen, etc.) kann die Regierung also auch künftig keine Einschränkungen erlassen. Sehr wohl sollen aber Eingriffe in privaten Räumlichkeiten möglich sein, die nicht für Wohnzwecke angemietet wurden. Dazu zählen auch Vereinslokale und Sportstätten, wie es in den Erläuterungen heißt.

Fünf Ausnahmen gesetzlich geregelt

Sollten diese Maßnahmen nicht ausreichen, um Covid-19 einzudämmen und etwa ein Zusammenbruch der medizinischen Versorgung drohen, dann soll es die Möglichkeit einer weitgehenden Ausgangssperre geben. In Abstimmung mit dem Hauptausschuss des Nationalrats könnte Anschober dann verfügen, "dass das Verlassen des privaten Wohnbereichs nur zu bestimmten Zwecken zulässig ist". Eine ähnliche Regelung hatte die Regierung schon im ersten "Lockdown" erlassen, sie war aber rechtswidrig. Nun werden die fünf Ausnahmen gesetzlich geregelt.

Im neuen Entwurf gestrichen wurde ein in der Begutachtung besonders umstrittenen Punkt. Ursprünglich sollten "Betriebe, Veranstalter und Vereine" verpflichtet werden, personenbezogene Kontaktdaten von Gästen, Besuchern, Kunden und Mitarbeitern 28 Tage aufzubewahren. Dies findet sich im neuen Entwurf nicht mehr.

Mit der Verpflichtung, die Daten zu speichern, sollte das "Contact Tracing" - also die Rückverfolgung von Infektionen - erleichtert werden. Massive Kritik daran gab es vor allem aus der Gastronomie. Im neuen Entwurf findet sich diese Bestimmung nicht mehr. Geplant ist nun nur noch die Verpflichtung, Daten über grenzüberschreitende Reisen auf Verlangen dem Gesundheitsministerium zur Verfügung zu stellen. Explizit angesprochen werden etwa Hotels, Fluglinien und die Bahn. Eine Pflicht zur Datensammlung ergibt sich daraus aber nicht, heißt es dazu in den Erläuterungen. Vielmehr zielt die Regelung nur auf Daten, die ohnehin zur Verfügung stehen.

Geht es nach den Plänen der Regierungsfraktionen, soll heute im Anschluss an der Sondersitzung des Nationalrats, die um 12.00 Uhr beginnt, der Gesundheitsausschuss zusammentreten. Dort will man eine viertägige Ausschussbegutachtung beschließen. Ein zweiter Gesundheitsausschuss am 21. September soll die Novelle absegnen, und zwei Tage später wäre der Beschluss in der ersten regulären Plenarsitzung nach dem Sommer fällig. Ob die Opposition hier mitspielt, bleibt abzuwarten.