Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), der in der Causa Casinos beschuldigt wird, will von dem Trubel, der im Ibiza-U-Auschuss behandelt wird, nichts mitbekommen haben. "So bin ich nicht", sagte Löger am Donnerstag als Auskunftsperson, in Anlehnung an ein Zitat von Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Immerhin habe dieser ihm dreimal in eineinhalb Jahren das Vertrauen ausgesprochen, so Löger.

Weil er die Wertschätzung gegenüber dem Parlament immer gelebt habe, gebe er gerne Auskunft. Löger verwies auf das Protokoll seiner ersten, dreistündigen Einvernahme bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) im Dezember 2019, dieses würde viele Fragen schon beantworten. Eine zweite für April 2020 geplante Einvernahme sei coronabedingt auf den 22. September 2020 verschoben worden. Es gebe im Strafakt aber noch Teile, die er als Beschuldigter noch nicht einsehen durfte, bat Löger um Verständnis, sollte er Fragen nicht beantworten können.

Nur "Mediator"

Löger blieb im U-Ausschuss bei seiner bisherigen Verteidigungslinie, er habe sich bei den Casinos Austria lediglich als "Mediator" eingebracht, um die Balance zwischen den drei Kernaktionären ÖBAG, Novomatic und Sazka zu halten. "Es traf mich umso mehr", so Löger, dass es Sazka dann inmitten der Postenaffäre um Peter Sidlo gelungen ist, die Mehrheit bei den Casinos zu übernehmen.

Löger sagte, er sei als unabhängiger Finanz- und Kapitalmarktexperte in die Regierung gekommen und sei nie Mitglied in einer Partei gewesen. "Meine bisherigen Erfahrungen werden die Motivation dahingehend nicht gerade steigern", zeigte sich der Ex-Finanzminister enttäuscht über seine eineinhalbjährige politische Karriere. Löger schilderte auch, dass er im privaten Kreis beschuldigt worden sei, er habe den Familienbonus, der Eltern steuerlich begünstigt, nur eingeführt, weil "unsere Tochter uns drei Monate danach eine Enkeltochter geschenkt hat".

"Beschämend" mit Ibiza in Verbindung gebracht zu werden

Löger skizzierte den Abgeordneten seine inhaltliche Arbeit an einer Steuerstrukturreform, gemeinsam mit dem "tollen Experten" Hubert Fuchs, dem Staatssekretär der FPÖ im Finanzministerium. Er verwies auch auf seine Pläne zu einer Reform der Finanzmarktaufsicht und die Änderungen an der Staatsholding ÖBIB, die zur ÖBAG wurde. Ihm sei es immer darum gegangen, in der Sache die richtigen Entscheidungen zu treffen, so Löger. Es sei für ihn mehr als beschämend, mit dem Ibiza-Video in Verbindung gebracht zu werden. "Es fällt nicht einfach, sich damit auseinanderzusetzen."

Die Bestellung des einstigen Generalsekretärs und Kabinettchefs im Finanzministerium, Thomas Schmid, zum Alleinvorstand der ÖBAG verteidigte Löger nach einer entsprechenden Frage von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl. Dieser sei einer der höchsten Beamten im Haus gewesen und allein deswegen verpflichtet, auch die entsprechende gesetzliche Grundlage für die Staatsholding voranzutreiben.

Ungewöhnlich ist für Löger auch nicht, dass die ÖBAG nur über einen Vorstand verfügt. Dies sei auch in den entsprechenden Vorgängerunternehmen so gewesen. Und: "Ich hätte hinterfragt, ob nicht mehr Häuptlinge als Indianer beschäftigt sind." Der ehemalige Finanzminister konnte auch keine Argumente sehen, weswegen man einem Generalsekretär und Kabinettchef verbieten sollte, sich nach einer Ausschreibung zu bewerben.

"Fehler" bei Novelle zum Glückspielgesetz

Dass eine Novelle zum Glücksspielgesetz nach nur kurzer Zeit aus der Begutachtung zurückgezogen worden war, bezeichnete Löger als einen seiner ersten "Fehler". Man habe eine entsprechende EU-Vorgabe rasch umsetzen wollen, dabei aber übersehen, dass in der türkis-blauen Regierung alles in der Koordination entschieden werden musste. "Ich war selbst getroffen", so der Ex-Finanzminister, der kein "Präjudiz im Sinne der Missachtung der Koordinationsregel der Regierung" zulassen wollte.

Die wieder fallen gelassene "Operation Edelstein", also den Versuch einer Privatisierung des Bundesrechenzentrums, sah Löger nicht besonders brisant. Die aufgetauchten Protokolle dazu seien sicher keine "Geheimprotokolle" und: "Ich kenne kein Hinterzimmer". Tatsache sei, dass schon Vorgängerregierungen versucht hätten, die Effizienz und Effektivität des Bundesrechenzentrums zu optimieren.

Niedrige Erwartungen vor dem Start

Allzu viel erwartete sich die Opposition im Vorfeld von der Befragung von Hartwig Löger (ÖVP) im Ibiza-Untersuchungsausschuss nicht. Der einstige Finanzminister in der türkis-grünen Regierung sei nämlich meist zu spät darüber informiert worden, was im eigenen Haus geschehe, sagten die Fraktionsführer von SPÖ, FPÖ und Neos vor der Sitzung am Donnerstag. Einblicke erhofft man sich beim Thema Glücksspiel.

Am Beispiel Lögers sehe man, wie das "System Kurz" funktioniert habe, sagte der SPÖ-Abgeordnete Jan Krainer. Bundeskanzler Sebastian Kurz und dessen Minister Gernot Blümel (beide ÖVP) hätten die Entscheidungen gefällt, Löger habe nur sehr spät erfahren, "was am Programm ist". Auch für Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper sei der ehemalige Finanzminister nur Erfüllungsgehilfe gewesen und habe die Zügel nicht in der Hand gehabt.

Dennoch eine "sehr interessante Auskunftsperson" ist Löger für den Freiheitlichen Christian Hafenecker - "weil wir natürlich wissen wollen, wie der tägliche Betrieb im Finanzministerium abgelaufen ist". Nicht nur für ihn war der frühere Generalsekretär im Ressort und nunmehrige Öbag-Chef Thomas Schmid der eigentliche Player. Löger tue ihm wirklich leid, betonte Hafenecker, da dieser von der eigenen Partei im Stich gelassen worden sei.

Warten auf die Casinos-Chefin

Antworten, wie die ÖVP-FPÖ-Regierung mit dem Thema Glücksspiel umgegangen ist, erhofft sich die Opposition nicht nur von Löger, sondern auch von Casinos-Chefin Bettina Glatz-Kremsner, die als zweite Auskunftsperson kommt. Diese habe eine Abfertigung in Millionenhöhe bekommen, nachdem sie bereits einen Folgevertrag angenommen hatte. Dies sei auch in Vorstandskreisen unüblich, betonte Krainer. Hafenecker vermutet einen Zusammenhang mit einer Parteispende an die ÖVP.

Wenig zu sagen hatten die Fraktionsführer zum als letztes geladenen Ex-Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher von der SPÖ. Recht allgemein fiel das Statement der Grünen aus. Fraktionsführerin Nina Tomaselli will weiterhin die "Scheinwerfer aufstellen" um dunkle Ecken der vergangenen Regierung auszuleuchten. In den Hinterzimmern seien nämlich andere Pläne geschmiedet worden als öffentlich gesagt wurde. "Von dem her können wir froh sein, dass das Ibiza-Video all diese Pläne vereitelt hat."

Erstmals den Vorsitz an diesem zweiten Tag im Ausschuss-Herbst führte wieder Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP). Er war tags zuvor selbst Auskunftsperson, weswegen er die Funktion an die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) abgegeben hatte. Positiv stimmte die Abgeordneten, dass die Klimaanlage im Saal in der Hofburg wieder funktionierte.