Das Vertrauen in die Politik ist wieder im Sinken begriffen - zumindest wenn es nach dem Demokratiebefund der "Initiative Mehrheitswahlrecht" für das Jahr 2019 geht. Demnach haben 62 Prozent der Befragten wenig oder kein Vertrauen in die Politik. Der Aufwärtstrend aus dem vergangenen Jahr habe damit einen Dämpfer erlitten, so Johannes Klotz (OGM), sei aber nicht auf dem Tiefstand von 2017.

70 Prozent meinten, dass sie wenig bis gar kein Vertrauen in die handelnden Politiker haben. Wobei es hier Abstufungen gebe, erklärte der Statistiker. Generell werde etwa dem Bundespräsidenten oder auch Politikern auf Gemeindeebene mehr vertraut. Rund die Hälfte der Befragten schätzte, dass ihr Vertrauen in den vergangenen Jahren gesunken sein, lediglich neun Prozent sahen hingegen eine Steigerung. Befragt wurden über 580 Wahlberechtigte mittels Online-Panels, das von OGM offline rekrutiert wurde. Die Schwankungsbreite liegt bei vier Prozent. Die Befragung wurde vom 14. bis zum 17. Oktober durchgeführt, also über zwei Wochen nach der Nationalratswahl.

"Misstrauen und Distanz"

"Misstrauen und Distanz des Einzelnen zum Politischen existiert weiter", diagnostizierte der Obmann der Initiative und frühere Zweite Nationalratspräsident Heinrich Neisser (ÖVP) bei der Vorstellung des jährlichen Demokratiebefundes. Es brauche wieder eine Diskussion, die "Wachsamkeit" erzeugt, so Neisser. Denn in vielen Ländern sei die Demokratie nicht mehr selbstverständlich.

Neisser übte zudem sanft Kritik an der bevorstehenden langen Sondierungsphase für die Bildung einer neuen Bundesregierung nach der Nationalratswahl am 29. September. "Österreich ist eine Sondierungsrepublik geworden", so Neisser. Dabei stehe die Inszenierung im Vordergrund und das Motto heiße offenbar: "Sondieren statt regieren." Dabei hätten die Akteure ein "Entertainment der Sondierung" erfunden, und zwar mit der "Stereotypie der Freundlichkeit". Politologin Melanie Sully meinte bei der Präsentation lakonisch: "Interessant wird sein, was zuerst kommt: der Brexit oder die neue österreichische Bundesregierung."

"Unbefriedigende Situation"

Herwig Hösele, Generalsekretär der Initiative, betonte, dass das Thema der direkten Demokratie wieder aktuell werden wird: "Da erwarten wir uns, dass die neue Bundesregierung die eine oder andere Maßnahme setzt." Auch werde man sich hinsichtlich der immer beliebter werdenden Briefwahl Gedanken machen müssen, merkte Hösele an. Denn bei knappen Wahlergebnissen könnte sich die "unbefriedigende Situation" ergeben, dass auf das Endergebnis lange gewartet werden müsse. Da müssten Vorkehrungen getroffen werden, dass bereits am Wahlabend das endgültige Ergebnis vorliegt.