Experten rechnen bei der Steiermark-Wahl mit Platz eins für die ÖVP vor SPÖ oder FPÖ. Spannender als das Ergebnis dürfte aber die Frage der Koalitionsbildung danach werden, waren sich der Politikwissenschaftler Peter Filzmaier und Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer im Gespräch mit der APA einig.
Bachmayer schätzt, dass die ÖVP "deutlich zulegen wird" - verweist aber darauf, dass er noch keine Umfragen zur Verfügung habe. Auch die FPÖ werde "sichtbar Stimmen verlieren", wenn auch vermutlich "nicht so deutlich wie auf Bundesebene" und auch nicht so stark wie bei der Landtagswahl in Vorarlberg. Auch Filzmaier rechnet mit einem Plus für die ÖVP: "Warum hätte Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer und die ÖVP dem Neuwahlantrag zugestimmt, wenn sie sich nicht sehr sicher wären, den ersten Platz zu erreichen?"
Verluste werde die Wahl wohl für Rot und Blau bringen, sind sich die Experten einig. Für die FPÖ sind die 26,8 Prozent von 2015 aufgrund Ibiza- und Spesen-Affäre wohl außer Reichweite.
Voves zu verdanken
Bei der SPÖ müsse man bedenken, dass der knapp vor der ÖVP errungene erste Platz 2015 (mit 29,3 Prozent gegenüber 28,5 Prozent ÖVP-Stimmen) zu einem guten Teil auch dem damaligen SP-Spitzenkandidaten Franz Voves zu verdanken war (der den Landeshauptmann-Sessel dann im Zuge der Regierungsbildung Schützenhöfer überlassen hatte). "Das stärkste Wahlmotiv der SPÖ-Wähler war Voves", sagte Filzmaier. Sein Nachfolger Michael Schickhofer werde es als Nicht-Landeshauptmann schwer haben, dieses Ergebnis zu wiederholen. Ob SPÖ oder FPÖ schlussendlich das Match um Platz zwei für sich entscheiden werden, sei schwer abzuschätzen, so die Experten.
"Deutlich zulegen" werden wohl die Grünen, die ja von niedrigem Niveau starten (Wahlergebnis 2015: 6,7 Prozent), wie Bachmayer anmerkte. Denn auch bei der Steiermark-Wahl werde die Öko-Partei vom Klima-Thema profitieren.
Neos ist Einzug zuzutrauen
Den NEOS, die 2015 gescheitert waren, trauen die Experten dieses Mal den Einzug in den Landtag zu. Notwendig ist dazu in der Steiermark nicht das Überspringen einer bestimmten Prozenthürde, sondern das Erreichen eines Grundmandats in einem der vier Wahlkreise. Dies sollte in Graz-Umgebung schaffbar sein, so Bachmayer und Filzmaier. Und auch der KPÖ trauen beide den Wiedereinzug zu, wenngleich es jedes Mal knapp sei, wie Filzmaier anmerkte.
Nach der Wahl dürfte die ÖVP mit SPÖ und ÖVP wohl zumindest zwei Koalitions-Optionen haben, erwartet Filzmaier. Die Volkspartei "kann es sich aussuchen", denn sowohl SPÖ als auch FPÖ würden die Regierungsbeteiligung anstreben, so der Politologe.
"Schwarz-Grün weit weg"
Die dritte Variante mit den Grünen sieht Filzmaier "weit weg", weil Schwarz-Grün in der Steiermark vermutlich keine oder nur eine knappe Mehrheit haben wird. Bachmayer gibt dieser Variante etwas mehr Chancen: "Es könnte sich ausgehen", so der OGM-Chef.
Die "große Unbekannte" in der Steiermark sei die Wahlbeteiligung, erklärte Filzmaier. Dasselbe gelte für die Frage, ob enttäuschte FPÖ-Wähler zur ÖVP oder ins Nichtwählerlager wandern. "In Vorarlberg war das Plus der ÖVP sehr überschaubar, weil die FPÖ-Wähler nicht zur ÖVP gingen" - und stattdessen daheimblieben, erinnerte der Polit-Experte.
Bei der Koalitionsbildung gibt Bachmayer Schwarz-Rot recht gute Chancen, dies hänge vor allem mit den handelnden Personen - allen voran Schützenhöfer - zusammen. Thematisch rechnet der OGM-Chef damit, dass das Migrationsthema wieder eine Rolle spielen könnte - vor allem wegen der internationalen Entwicklungen wie in Syrien, was zu einem "Wiederanstieg der Flüchtlingszahlen" führen könnte. "Das wird im Wahlkampf sicher betont werden" - und vor allem die FPÖ werde auf ihr "Haus- und Hofthema" setzen. Dieser Punkt könnte dafür sorgen, dass die FPÖ (trotzt dem Nachwirken der Skandale) in der Steiermark weniger Stimmen als bei der Nationalratswahl und in Vorarlberg verliert, so Bachmayer.