Bescheidenheit ist keine Tugend der Politik: Heute werden Kanzler, Vizekanzler, Finanzminister, Staatssekretär die Details der Steuerreform vorstellen. Schon im Vorfeld der Präsentation wurde großspurig verkündet, es handle sich nicht nur um die stärkste Entlastung seit Jahrzehnten, das Volumen der Entlastung komme dem Bürger in vollem Umfang zugute – im Unterschied zu den Steuerreformen unter Schüssel und Faymann (mit Grasser, Pröll, Schelling als Finanzminister).

Anders als ihre Vorgänger würden Finanzminister Hartwig Löger und Staatssekretär Hubert Fuchs auf neue Steuern oder neue Schulden gänzlich verzichten. Ob die Steuerreform wirklich ohne neue Belastungen auskommt, bleibt allerdings abzuwarten. Die meisten Eckpunkte sind der Kleinen Zeitung bereits bekannt.

Entlastung. Von den geplanten 6,5 Milliarden kommen nach Angaben der Bundesregierung fünf Milliarden den Arbeitnehmern zugute, von den restlichen 1,5 Milliarden profitieren Unternehmer und die Wirtschaft.
Gestaffelt. Weil doch nicht Geld in Hülle und Fülle vorhanden ist und die Regierung in den nächsten fünf Jahren schwarze Zahlen (Nulldefizit) schreiben will, wird die Entlastung bis ins Jahr 2023 zeitlich gestreckt.

Geringverdiener. Diese kommen bereits ab 1. Jänner 2020 in den Genuss einer Entlastung durch eine Senkung, wenn nicht sogar Streichung der Sozialversicherungsbeiträge. Wer weniger als 1100 Euro im Monat brutto verdient, zahlt zwar keine Steuern, muss aber SV-Beiträge (3,9 Prozent des Bruttogehalts) entrichten. Von der angekündigten Senkung profitieren 1,8 Millionen Arbeitnehmer, 1,8 Millionen Pensionisten, 500.000 Selbstständige und Bauern.

Mittelstand. Mittlere und höhere Einkommen sind erst 2021 an der Reihe und sollen von einer Senkung der Eingangssteuersätze von derzeit 25, 35 und 42 Prozent auf 20, 30 und 40 Prozent profitieren. Wer mehr als 60.000 Euro im Jahr verdient, geht leer aus (siehe Grafik).

Konkrete Entlastung. Glaubt man den Berechnungen der Regierung, so erspart sich jemand, der monatlich 500 Euro verdient, künftig 100 Euro im Jahr. Bei 800 Euro im Monat sind es 200 Euro im Jahr, bei 1200 Euro 300 Euro, bei 1500 Euro 500 Euro. Bei einem Bruttoeinkommen von 2500 Euro bleiben künftig bis Jahresende um 700 Euro mehr in der Geldtasche übrig, bei 3500 Euro sind es immerhin 1100 Euro.

Körperschaftssteuer. Anders als medial kolportiert, will die Regierung nun doch die Körperschaft für Kapitalgesellschaften senken, allerdings erst ab 2022 – konkret von 25 auf 22 Prozent ab 2022 und auf 21 Prozent ab 2023.

Sonstiges. Die Werbekostenpauschale soll auf 300 Euro angehoben, Angestellte sollen bis zu 3000 Euro am Unternehmensgewinn beteiligt werden (eine Art 15. Monatsgehalt). Unternehmer müssen künftig erst ab 35.000 Euro Umsatzsteuer verrechnen.

Ökologisierung. Unter dem Eindruck der Klimadebatte will die Regierung nun doch an einigen ökologischen Stellschrauben drehen. Der Ankauf von schadstoffarmen Autos sowie von Solaranlagen soll gefördert werden.

Finanzierung. Die zeitliche Streckung der Entlastung erleichtert die Finanzierung des gesamten Projekts. Experten weisen darauf hin, dass die Koalition besonders günstige Rahmenbedingungen vorfindet. Zum einen sprudeln die Steuern (allein 2018 wurden 8,6 Milliarden mehr als geplant eingenommen), zum anderen erspart sich die Regierung durch die niedrigen Zinsen eine Menge Geld (1,2 Milliarden bis 2022). Ein Teil der Kürzungen soll durch „Einsparungen im System“ hereingebracht werden. Was darunter zu verstehen ist, bleibt abzuwarten. Sinnvolle Zusammenlegungen haben eine andere Wirkung als etwa die Streichung von Steuervergünstigungen. Tief greifende Reformen im Föderalismus, bei der Gesundheit und auch bei den Pensionen stehen nicht auf der Agenda.