Der Rechnungshof kritisiert den vom damaligen Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) verhängten Baustopp und die folgende Umplanung der Sicherungsmaßnahmen vor dem Bundeskanzleramt in Wien.

Dadurch, dass Kern in Reaktion auf Medienberichte den Bau einer Mauer gestoppt und stattdessen auf den Einbau von Pollern entschieden habe, seien der Republik Mehrkosten von 243.000 Euro entstanden - rund ein Drittel der Gesamtkosten des Projekts der Sicherung am Ballhausplatz, das mit 800.000 Euro zu Buche schlägt, heißt es in einem heute veröffentlichten Bericht des Rechnungshofes.

Eigentlich hätten im Regierungsviertel am Ballhausplatz, konkret vor Kanzleramt und Präsidentschaftskanzlei, 80 cm hohe Mauerblöcke für Sicherheit gegen Aufprallangriffe sorgen sollen. Mitten im Nationalratswahlkampf 2017 machte allerdings der Boulevard, allen voran die "Kronen Zeitung", Stimmung gegen die Pläne. Es kam zu einem Streit zwischen SPÖ und ÖVP über Auftragserteilung und Optik, schließlich veranlasste das damals noch von SPÖ-Chef Christian Kern geführte Kanzleramt eine Umgestaltung mit Pollern.

Kurz davor hatte Kern noch Werbung mit einem Baustellenbesuch gemacht, bei dem er den Arbeitern publikumswirksam Getränke lieferte:

"Keine wirtschaftlichen und technischen Gründe"

Der Rechnungshof sah sich die Sache genauer an und fand einiges zu beanstanden, und zwar nicht nur im langwierigen Entscheidungsprozess und in den Planungen des damals ÖVP-geführten Innenministeriums, sondern auch wegen der letztlichen Umgestaltung. Fazit der Prüfer: "Der RH konnte für die Verhängung des Baustopps durch das Bundeskanzleramt keine wirtschaftlichen oder technischen Gründe feststellen."

Nachdem im Juli 2017 mit den Arbeiten begonnen worden war, veranlasste das Kanzleramt im September "im Umfeld von Medienberichten", wie es der RH in seinem Bericht trocken ausdrückt, einen Baustopp. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits die Fundamente für die Schutzmauern fertiggestellt. "Die zur Zeit der Medienberichte sichtbaren Fundamente waren wesentlich massiver, als die Schutzmauer nach ihrer Fertigstellung an der Oberfläche optisch gewirkt hätte."

Kanzleramt entschied sich für teuerste Variante

Die Folgen des Stopps: Neben einer Verlängerung der Bauzeit (von 81 auf 136 Kalendertage), die Mehrkosten von 45.000 Euro verursachte, mussten Umbauarbeiten um 41.000 Euro durchgeführt werden. Der verlorene Aufwand an bereits errichteten Schutzmauerteilen belief sich auf 143.000 Euro, hinzu kommen noch einige tausend Euro, weil das Personal der Baufirma nicht planmäßig eingesetzt werden konnte. Der Baustopp kostete somit in Summe 243.000 Euro - das entspricht 30 Prozent der Gesamtkosten. Das Kanzleramt hatte laut RH übrigens die teuerste Variante gewählt, nämlich die Sicherung durch 42 fixe und zwei hydraulische Poller beim Bundeskanzleramt sowie elf fixen und vier hydraulischen bei der Präsidentschaftskanzlei, wodurch die Gesamtkosten bei rund 799.000 Euro lagen.

Keine Einwände gegen Wiener Sicherungsmaßnahmen

Weniger auszusetzen hatte der RH an den Anti-Terror-Maßnahmen der Stadt Wien. Er nahm die geplanten Maßnahmen zum Schutz vor mehrspurigen Fahrzeugen am Rathausplatz, in der Kärntner Straße und in der Mariahilfer Straße positiv zur Kenntnis, diese seien ehestmöglich nach den ersten derartigen Terrorangriffen in Europa angestrebt worden. Kritisch merkte der RH an, dass teils sicherheitsrelevante Informationen an einen breiten Empfängerkreis verteilt wurden.

Dem Innenministerium und dem Kanzleramt empfahl der RH auch noch, Kooperationsvereinbarungen mit Betreibern kritischer Infrastruktur voranzutreiben sowie bei fehlender Kooperationsbereitschaft auf eine zweckmäßige gesetzliche Regelung hinzuwirken. So verweigerten sechs Unternehmen mit strategischer Bedeutung die Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). Eine gesetzliche Verpflichtung dazu besteht derzeit eben nicht. Eine weitere Empfehlung des RH an das BMI lautet, eine Gesetzesvorlage zu erstellen, wonach die verfassungsmäßigen Einrichtungen das BVT bei der Erstellung von Sicherheitskonzepten beiziehen müssen und das BVT diese Konzepte auch regelmäßig evaluieren muss.