Das Thema Familiennachzug von Flüchtlingen bereitet der österreichischen Politik Kopfzerbrechen. Denn vor allem in Wien stoßen aktuell beispielsweise die Schulen an ihre Kapazitätsgrenzen, weil Monat für Monat Hunderte Schutzberechtigte legal ihre Angehörigen nach Österreich holen.

Die ÖVP ortet bei der Möglichkeit der Familienzusammenführung offenbar Missbrauchspotential. Wie am Samstag die „Kronen Zeitung“ berichtete, will Bundeskanzler Karl Nehammer künftig verstärkt auf DNA-Tests setzen. Diese sollen bereits „bei geringsten Zweifel an der Echtheit von Dokumenten“ zum Einsatz kommen. Außerdem sollen die Familienangehörigen verstärkt durch die Sicherheitsbehörden überprüft werden. Damit solle laut Nehammer „absolut sichergestellt werden“, dass es zu keinem Missbrauch kommt. Umgesetzt werden sollen die Neuerungen, in dem ein Erlass des Innenministeriums verschärft wird. Innenminister Gerhard Karner und Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) seien angewiesen worden, die Maßnahmen „in den nächsten Tagen wirksam umzusetzen“.

Gleichzeitig geht die Zahl der Asylanträge in Österreich zurück: Bis Ende März haben heuer knapp 7000 Personen einen Asylantrag gestellt, der Großteil davon kommt aus Syrien. Im Vorjahr waren im selben Zeitraum mehr als 10.000 Asylanträge gestellt worden, 2022 waren es 11.400 gewesen. Nehammer sieht für den Rückgang intensiven Grenzschutz sowie die Kooperation mit Ländern am Westbalkan verantwortlich.

Kritik von Neos und FPÖ

Der Familiennachzug war jüngst vor allem durch die rot-pinke Wiener Stadtregierung thematisiert worden, die in diesem Zusammenhang die Einführung einer Wohnsitzauflage für Asylberechtigte forderte. Wien sieht sich besonders belastet, weil viele Asylberechtigte aus anderen Bundesländern in die Hauptstadt ziehen. So berichtete der Wiener Bildungsstadtrat und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) Ende April, dass alleine im vergangenen Monat 350 Kinder durch Familiennachzug neu in den Wiener Schulen aufgenommen worden seien.

Dennoch zeigten sich die NEOS alles andere als angetan von Nehammers Ankündigung. Der Vorschlag zeuge „von mangelnder Rechtskenntnis des Bundeskanzlers“, meinte deren Asyl- und Migrationssprecherin Stephanie Krisper in einer Aussendung. Nehammer müsste sonst wissen, dass DNA-Tests bei Familiennachzug bereits jetzt rechtlich möglich seien und in der Praxis auch bereits angewendet würden. Statt „populistischem Wahlkampfgetöse“ brauche es einen konstruktiven Weg, so Krisper.

Wenig glaubwürdig sahen den Vorschlag auch die Freiheitlichen - wenn auch aus anderen Gründen. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass gerade die ÖVP für „ungezügelte illegale Migration“ stehe, reagierte Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer. Wenn sich nun Nehammer und Innenminister Karner für ein schärferes Asylsystem mit Abschiebungen und einer Bremse des Familiennachzugs aussprechen, „versuchen sie wieder einmal die Bevölkerung am Schmäh zu halten“.