Der neue Finanzausgleich ist vor nicht einmal zwei Monaten beschlossen worden. 2,4 Milliarden Euro, die noch dazu großteils valorisiert werden, sicherte der Bund den Ländern und Gemeinden zusätzlich zu den Ertragsanteilen jährlich zu. Das ist nicht wenig. Doch offenbar reicht es nicht. Zumindest lassen sich die Rufe nach einem Hilfspaket für Kommunen, die seit Weihnachten quer durch Österreich erschallen, dahingehend deuten. Was ist da schiefgelaufen?

Ein Grund liegt in der neuen Systematik mit dem Zukunftsfonds, in den rund die Hälfte der Mehrausgaben des Bundes gelegt wurde. Diese Gelder wurden für Kinderbetreuung, Klimaschutz und Wohnen mehr oder weniger zweckgewidmet. Nur bedingt geregelt wurde jedoch die Aufteilung zwischen den Gebietskörperschaften. Rund die Hälfte des Fonds ist für den Ausbau der Kindergärten reserviert, davon fließt wiederum die Hälfte direkt an Gemeinden – rund 250 Millionen Euro. Der Rest ist Verhandlungssache.

Nur Niederösterreich hat bereits eine Vereinbarung

Genau diese Gespräche werden derzeit in den einzelnen Bundesländern geführt. Niederösterreich ist bereits fertig und hat den Gemeinden 37 Prozent des Zukunftsfonds zugesichert, dazu kommt noch ein Unterstützungspaket von weiteren 37,3 Millionen Euro. Anderswo ist der Verteilungskampf noch nicht entschieden. Dass sich auch Landeshauptleute für Gemeindepakete des Bundes ins Zeug legen, könnte damit zu tun haben, dass die Verhandlungen einfacher wären, kämen aus Wien Signale des guten und vor allem finanziellen Willens. Die gibt es bisher nicht.

Im Finanzministerium heißt es vorerst nur, dass man die Entwicklung beobachte, „erforderlichenfalls wird man in Gespräche mit dem Städtebund und dem Gemeindebund eintreten“. Eine genaue Bestandsaufnahme werde nach Vorliegen der kommunalen Rechnungsabschlüsse durchgeführt. Das wird im Frühjahr der Fall sein. Im März, so das Büro von Magnus Brunner (ÖVP), erhalten die Gemeinden auch einen Sondervorschuss an den Ertragsanteilen in Höhe von 300 Millionen Euro. Die Anteile der gesamten Steuereinnahmen werden auch im neuen Finanzausgleich mit dem Schlüssel 68 Prozent (Bund), 20 Prozent (Länder) und 12 Prozent (Gemeinden) aufgeteilt.

Die Folge des Aus der kalten Progression

Hinter der prekären Situation vieler Gemeinden liegen aber auch strukturelle Gründe. Auf eine kurze Formel heruntergebrochen: Die Fixausgaben steigen seit Jahren stärker als die Einnahmen aus Ertragsanteilen, die durch das Ende der kalten Progression nachhaltig gebremst werden. Die Abschaffung war zwar Konsens, sie belastet aber diese wesentliche Säule der kommunalen Finanzierung. Da nun auch Kredite deutlich teurer geworden sind, ist die Rolle der Gemeinden als größter öffentlicher Investor in Gefahr. Drei Milliarden Euro wurden auf dieser Ebene im Jahr 2022 investiert. Das ist auch gesamtwirtschaftlich von Relevanz.

Zum einen gehören Energie, Dienstleistungen und Personalausgaben, wo nun die Lohnanpassungen voll durchschlagen, zu den Kostentreibern. Da geht es den Gemeinden nicht anders als privaten Unternehmen. Dazu kommen aber noch spezifische Abgaben an die Länder für jene Aufgaben, die sich beide Ebenen finanziell teilen, wie etwa die Sozialhilfe- und Spitalsumlage (Steiermark ausgenommen). Manche Bundesländer heben auch eine sogenannte „Landesumlage“ ein. Bis zum Jahr 2028, so berechnete es das Zentrum für Verwaltungsforschung (KDZ), könnten durchschnittlich 70 Prozent der Ertragsanteile direkt in solche Umlagen fließen.

„Wenn immer höhere Anteile in die Umlagen fließen, kommt es in den Gemeinden zu einer Ausgabenkonkurrenz“, sagt Karoline Mitterer, Finanzexpertin des KDZ. „Ich fürchte, ohne Gegensteuerungsmaßnahmen werden dieses Jahr viele Freibäder nicht aufsperren.“ Der Spielraum der Kommunen wird zudem durch Vorgaben des Bundes, etwa beim Kindergartenausbau, aber auch der EU, wie bei der Energieeffizienz, eingeschränkt.

Von den Ländern fließen auch Mittel an die Gemeinden zurück. Einerseits handelt es sich um diverse Förderungen, andererseits verteilen die Länder auch die Bedarfszuweisungen, die ursprünglich von den Bundesgeldern stammen. „Wenn Gemeinden Probleme bei der Finanzierung des laufenden Haushalts haben, sind in erster Linie die Länder gefordert. Dafür steht ihnen das Instrument der Bedarfszuweisungen, die ja Gemeindemittel sind, zur Verfügung“, schreibt der Gemeindebund.

Darauf dürfte vorerst auch der Bund setzen. Bis Ende des Jahres läuft zudem noch dessen kommunales Investitionsprogramm in Gesamthöhe von einer Milliarde Euro. Bisher ist erst ein Drittel davon abgerufen worden. Noch ist Zeit, aber die Zahl der Gemeinden, die nicht mehr ausreichend Eigenmittel aufbringen können, um die Förderungen abzurufen, steigt. „Der Gemeindebund hat bereits klar signalisiert, dass es direkte Hilfen brauchen wird“, so der Gemeindebund. Ende Februar wird dieser einen neuen Präsidenten wählen, den Niederösterreicher Johannes Pressl, Bürgermeister von Ardagger. Das Budgetthema wird ganz oben auf seiner Agenda stehen.