Michael Geistlinger unterrichten an der Universität Salzburg Völkerrecht. Im Gespräch mit der Kleinen Zeitung, das ungekürzt in der heutigen Printausgabe zu lesen ist, sagt Geistlinger: "Ich habe das Gefühl, dass es große Unkenntnis gibt, die sich an der Wortwahl der Politiker zeigt." Die Genfer Flüchtlingskonvention, auf der auch das österreichische Asylrecht fußt, unterscheide zwischen einem Flüchtling und Vertriebenen. Der Flüchtling müsse "persönlich verfolgt" werden. "Alle anderen, die vor den Zuständen in ihrem Land flüchten, sind Vertriebene. Und die haben kein Recht auf eine Anerkennung als Flüchtling", sagt Geistlinger.

Dass die meisten aus Syrien geflohenen Menschen bei uns Asylbescheide bekommen, hält Geistlinger für "laut Genfer Flüchtlingskonvention keine gerechtfertigte Vorgehensweise". Wohl aber könne Österreich "aus humanitären Gründen bestimmten Personen in Not helfen, die keine Flüchtlinge sind. Wie das sozial und wirtschaftlich gelingt, kann das Land selbst festlegen." Verpflichtet dazu sei es nicht, sagt Geistlinger.

"Asyl auf Zeit"

Das soeben beschlossene "Asyl auf Zeit" hält der Professor für unnötig, weil das Recht auf Asyl auch bisher kein "ewiges Recht" gewesen sei. "Der Schutz war also schon vor dem Beschluss zeitlich begrenzt." Oft werde der Status aber nie abekannt, weil die Menschen in der Zwischenzeit Staatsbürger geworden seien.

Zur Eindämmung des Flüchtlingsstroms fordert Geistlinger die massive Unterstützung der Nachbarländer des Kriegsherdes. Dann könnten die Menschen in der Region bleiben und umgehend in ihr Land zurückkehren, sobald dort wieder Frieden herrsche.

CHRISTINA TRAAR