Ich war schon mal drinnen, im Krisenzentrum. In der Brüsseler Rue de Loi, in einem unscheinbaren, grauen Bürogebäude, befindet sich eines der Herzstücke der EU, das ERCC ( „Emergency Response Coordination Centre“, auf Deutsch: Zentrum für Koordination für Notfallmaßnahmen). Hier laufen die Fäden zusammen, wenn es wo brennt in der Welt habe ich damals, vor etwas mehr als einem Jahr, darüber geschrieben und gemeint war die Pandemie. Jetzt brennt es wirklich und im „Situation Room“ mit seinen riesigen Monitoren, der rund um die Uhr besetzt ist, läuft die Koordination für die Hilfsmaßnahmen zu den verheerenden Waldbränden in den Mittelmeerländern.

Vor zwei Jahren erst hat die EU ihren „Zivilschutzmechanismus“ neu aufgesetzt, das macht sich jetzt bemerkbar. Unter dem sinnigen Titel „RescEU“ versucht man vor allem, im Katastrophenfall rasch und koordiniert zu helfen. Und Katastrophenfälle gibt es derzeit leider mehr als genug, von den verheerenden Fluten in Belgien und Deutschland bis hin zu den fürchterlichen Bränden, die derzeit vor allem Griechenland und Italien, aber auch die Türkei und sogar Russland heimsuchen.

Der Vorgang an sich, der Ausbau der Kapazitäten, wurde misstrauisch verfolgt. Wo will sich die EU noch einmischen? Ist es wirklich notwendig, mit Steuergeld Fluggeräte anzuschaffen, die dann irgendwo herumstehen und vielleicht nie gebraucht werden? Nun, jetzt, wo der Hut und auch sonst alles brennt, reicht es eben nicht, schnell ein paar Finanzhilfen auf die Beine zu stellen und fürs Organisatorische die Telefonleitungen glühen zu lassen.

Für die „forest fire season 2021“ wurde mit Hilfe der EU eine ganze Flotte klargemacht. Stationiert in Kroatien, Frankreich, Griechenland, Italien, Spanien und (interessanterweise) Schweden stehen, ko-finanziert von Brüssel, unter anderem elf Löschflugzeuge und sechs Helikopter bereit, die nun bereits in den Brandgebieten im Einsatz sind. Auch in der Türkei: Meldungen zufolge gibt es dort zwar ebenfalls fliegendes Brandbekämpfungsgerät, das aber wegen fehlender Ersatzteile und mangels Service praktisch nicht einsatzfähig ist.

Seit Gründung 2001 wurde das Katastrophenschutz-Verfahren über 420 Mal aktiviert, im Pandemie-Jahr 2020 alleine mehr als 90 Mal. Der EU-Katastrophenschutz hing lange vollständig von der Hilfsbereitschaft der teilnehmenden Länder ab. Die EU-Kommission koordinierte lediglich die Zusammenarbeit. Besonders zu Beginn der Corona-Pandemie blieben Hilferufe nach medizinischer Ausrüstung aber häufig unbeantwortet, weil die Mitgliedstaaten ihre Bestände nicht abgeben wollten. Im Februar wurde deshalb vereinbart, den Mechanismus mit der dreifachen Menge finanzieller Mittel und die Kommission mit mehr Kompetenzen auszustatten. In bestimmten Bereichen, etwa bei medizinischen Einsatzteams, verfügt Brüssel mittlerweile auch über eigene Kapazitäten.

Der europäische Katastrophenschutz bündelt die Kapazitäten der 27 EU-Länder sowie sechs weiterer Staaten (Island, Montenegro, Nordmazedonien, Norwegen, Serbien, Türkei). Jedes Land der Welt, aber auch die Vereinten Nationen und andere Organisationen können in Notfällen um Unterstützung bitten. Zuletzt leisteten die Europäer etwa in der Corona-Pandemie in Indien, nach der Explosion im Hafen von Beirut im Libanon, nach Überschwemmungen in der Ukraine und tropischen Wirbelstürmen in Lateinamerika und Asien Hilfe.

Nachträglich gibt es auch noch finanzielle Unterstützung für Betroffene - auch Österreicher bekamen schon solche Hilfen. So sind sie eben, die Europäer.