Man schrieb das Jahr 2019 und die Situation um Flüchtlingsboote im Mittelmeer war genauso verfahren und dramatisch, wie sie es heute noch ist – mit einem Unterschied: In Italien war der Rechte Matteo Salvini Innenminister und er sorgte mit seiner "Politik der geschlossenen Häfen" für Aufsehen. Mehrere Seenotrettungsschiffe von NGOs kreuzten damals im Mittelmeer, eines von ihnen war die "Sea Watch", die vor der Küste Libyens 53 Menschen gerettet hatte und der Salvini wochenlang das Einlaufen in italienische Häfen verwehrte.

Als Kapitänin an Bord der "Sea Watch": die Deutsche Carola Rackete (heute 35). Irgendwann hatte Rackete genug und lief trotz Verbots die Insel Lampedusa an. Das machte sie auf einen Schlag bekannt. Der daraufhin gegen sie ausgesprochene Hausarrest wurde von einer italienischen Richterin nach Tagen aufgehoben, ein Verfahren später eingestellt. Rackete galt vor allem in linken Kreisen als Heldin, Salvini, heute Verkehrsminister, tobte und bezeichnete sie unter anderem als "Kriminelle", die im Bund mit Schleppern stehe. Rackete klagte daraufhin Salvini, die juristische Auseinandersetzung geht bis heute; erst im Juni hat der italienische Senat die Aufhebung von Salvinis Immunität abgelehnt.

Gegenpol zu Wagenknecht

Carola Rackete nutzte ihre Bekanntheit zu öffentlichen Auftritten, unter anderem im Europaparlament in Brüssel. Dorthin könnte sie schon kommendes Jahr zurückkehren – als Abgeordnete der Linken. Sie bekommt Platz zwei auf der deutschen Liste nach Partei-Co-Chef Martin Schirdewan. Zu ihrer Kandidatur sagte Rackete, die kein Parteimitglied ist, sie sehe das "Menschenrecht auf eine gesunde Umwelt, lebensfähige Ökosysteme und ein stabiles Erdklima" bedroht. Die Klimakrise sei auch die "größte Gerechtigkeitskrise der Welt". Sie habe sich gefragt, wo sie "den größten Unterschied" machen könnte. Ihre Nominierung gilt auch als Abgrenzung innerhalb der Partei zur umstrittenen Abgeordneten Sahra Wagenknecht.