Es ist soweit: Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger präsentierte  Ex-Kurier-Chefredakteur Helmut Brandstätter als Quereinsteiger der Öffentlichkeit. Der erweiterte Vorstand beschloss einstimmig, dass Brandstätter  – wie Irmgard Griss 2017 – auf Platz zwei der pinken Liste in die Wahl zieht.

Brandstätter erklärte bei der Pressekonferenz, sein jüngst publiziertes Buch sei keine "Abrechnung", sondern eine "Auflistung von Fakten". Er habe in den vergangenen Monaten mit Sorge registriert, wo es mit dem Staat hingehe. "Es wird noch nicht die Demokratie geschreddert, aber es wurden einzelne Institutionen angegriffen oder schlecht gemacht." Ob das nun etwa die Caritas gewesen sei, oder das Amt für Terrorabwehr. Die eine Seite, die FPÖ sei vorangeschritten, die andere Seite, die ÖVP, habe zugesehen.

Parteichefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich von ihrem Fang begeistert: "Helmut Brandstätter ist für mich der ideale Partner von A bis Z, von Anstand bis Zukunft."

Freiheit abgebaut

Brandstätter sieht die Entwicklung aus einer größeren Perspektive: "Meine Generation hat sukzessive einen Zuwachs an Freiheit erlebt, jetzt erleben wir, dass diese Freiheit abgebaut wird." Wenn im Parlament kein Abgeordneter mehr seine Meinung äußern dürfe, nicht einmal ein Arzt sagen dürfe, dass das Rauchen ungesund ist (eine Anspielung auf den steirischen Mediziner und ÖVP-Abgeordneten Smolle), "dann pervertiert das das Parlament". Mit Freude habe er daher gehört, dass es bei den Neos keinen Klubzwang gebe.

Message-Control

Die inzwischen viel zitierte "Message Control", der Umstand, dass es keine Rückrufe, keine Auskünfte für Journalisten mehr gab, wenn dies nicht im Plan der blau-türkisen Regierung war, sei ein Aspekt der bedrohten Meinungsfreiheit. "Wir brauchen wieder mehr Transparenz, auch beim Handeln des Staates, dann besteht die Gefahr nicht, dass die Demokratie geschreddert wird."

Der Bewegung wird Brandstätter ebensowenig beitreten wie Griss. In einem Punkt gibt es einen Unterschied: Der Name der politischen Senkrechtstarterin war Teil der Wahlplattform. 2017 trat man mit der sperrigen Bezeichnung „Neos - Das Neue Österreich gemeinsam mit Irmgard Griss, Bürgerinnen und Bürger für Freiheit und Verantwortung“ an. Diesmal taucht der Name des Quereinsteigers nicht mehr auf.

Bildung, Europa und Wissenschaft

Brandstätter soll sich um die Bereiche Bildung, Europa und Wissenschaft kümmern. Die Medienagenden bleiben in der Kompetenz der Parteichefin. Gestern abends befasste sich der erweitere Vorstand mit der Kandidatur, das letzte Wort hat allerdings die Mitgliederversammlung, die am Samstag in Salzburg zusammentritt.

Ziemlich unwirsch reagierte Meinl-Reisinger auf eine Frage zu einer Aussage vom Vortag, wonach sie nicht von lauter kinderlosen Karrieristen regiert werden wolle. Die NEOS-Chefin fühlt sich bewusst missverstanden, ihr gehe es nur darum, dass die Arbeitswelt nach den Bedürfnissen von Familien gestaltet werde.