Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt persönlich am Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) in Moldau teil. Selenskyj wurde am Donnerstag auf Schloss Mimi in Bulboaca von Moldaus Präsidentin Maia Sandu begrüßt. Die Staats- und Regierungschefs von 47 europäischen Staaten, darunter Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), wollen beim zweiten EPC-Gipfel Geschlossenheit gegenüber Russlands Präsident Wladimir Putin demonstrieren.

Unterstützung gegen Russland

Selenskyj forderte einmal mehr weitere militärische Unterstützung gegen Russland. Nach einer Serie von Luftangriffen auf Kiew drängte er die Partner am Donnerstag zur Lieferung von Patriot-Luftabwehrsystemen und spielte auf die geplante Kampfjet-Koalition an. Er forderte zudem einen schnellen NATO-Beitritt seines Landes. Die Ukraine stehe "Schulter an Schulter" mit Moldau und den anderen Ländern Europas, betonte Selenskyj, dessen Teilnahme aus Sicherheitsgründen bis zuletzt nicht bestätigt worden war. Er sprach von einem "historischen" Zusammenschluss.

"Die Ukraine ist bereit für die NATO", bekräftigte Selenskyj mit Blick auf den Bündnisgipfel am 11. und 12. Juli in Litauen. Er hoffe auf die nötige Einstimmigkeit unter den NATO-Mitgliedern. Diplomaten zufolge haben unter anderem die USA und Deutschland Bedenken. In der norwegischen Hauptstadt Oslo berieten am Donnerstag die NATO-Außenminister über die Beitrittsperspektive.

Kommt EU-Beitritt?

Die pro-europäische Regierung unter Sandu hofft auf einen raschen EU-Beitritt an der Seite der Ukraine. Moldau und die Ukraine sind EU-Beitrittskandidaten. Präsidentin Sandu sagte zum Auftakt, im Mittelpunkt des Treffens stehe die Sicherung des Friedens auf dem Kontinent. Sie drängte die EU erneut zu einer Aufnahme ihres Landes "bis zum Ende dieses Jahrzehnts". Die Ukraine strebt einen Beitritt im Schnellverfahren bis 2030 an. Beide Länder fordern einen Beginn der Beitrittsgespräche noch in diesem Jahr. Selenskyj hatte zuvor auf Telegram geschrieben: "Heute arbeiten wir in Moldau. Teilnahme am Gipfel der Europäischen Politischen Gemeinschaft. Viele bilaterale Treffen. Wir entwickeln eine Koalition von Kämpfern und bieten eine Koalition von "Patrioten" an. EU, NATO, Friedensformel. Alles, um unsere Zukunft zu schützen."

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hofft, dass das Treffen in Moldau ein starkes Signal an Moskau sendet. Russland habe sich durch seinen Angriff auf die Ukraine selbst aus dieser Gemeinschaft ausgeschlossen, so Borrell. Nun sei es entscheidend, die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent zu stabilisieren. "Wir haben viele Probleme auf dem Balkan", erklärte Borrell. Angesichts der jüngsten Ausschreitungen im Kosovo habe er sich bereits mit dem kosovarischen Ministerpräsidenten Albin Kurti getroffen und werde sich nun am Donnerstag mit dem serbischen Präsidenten Aleksandar Vucic besprechen. Alle Seiten müssten versuchen, jede Form von Eskalation zu vermeiden, so Borrell.

Nehammer ebenfalls vor Ort

Das Format der Europäischen Politischen Gemeinschaft geht auf eine Idee von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zurück. Der Gründungsgipfel fand vor dem Hintergrund des russischen Überfalls auf die Ukraine im Oktober 2022 in Prag mit damals 44 Staaten statt. Abgesehen von einigen Klein- und Stadtstaaten sind Russland und Belarus als einzige auf dem europäischen Kontinent liegende Staaten nicht eingeladen. Auf der Tagesordnung der Beratungen auf Schloss Mimi, einem Weingut nahe der ukrainischen Grenze, stehen "Sicherheit" sowie "Energie und Konnektivität". Moldau ist selbst Übergriffen aus Russland ausgesetzt.

Nehammer wird an einer Diskussionsrunde zum Thema Sicherheit teilnehmen, die von Großbritannien und Polen geleitet wird. Er werde dabei insbesondere zu den Herausforderungen im Kampf gegen illegale Migration einen Diskussionsbeitrag liefern, hieß es aus dem Bundeskanzleramt. Die Runde wird sich auch mit Schleppereibekämpfung und Fragen der nuklearen Sicherheit, hybriden Bedrohungen und dem Schutz vulnerabler Gruppen auseinandersetzen. Darüber hinaus will der Bundeskanzler bilaterale Treffen mit Staats- bzw. Regierungschefs aus Moldau, Portugal, Bulgarien, Georgien und Serbien abhalten. Angesichts der jüngsten Gewalt im Kosovo treffen auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron die Spitzen der Konfliktparteien in der Region.