Ein Höchstrichter und ein milliardenschwerer Immo-Mogul und Megasponsor der Republikanischen Partei sitzen auf einer Jacht. In einem Privatjet, einem Luxus-Ressort, auf Privatstränden. Und wollen dabei niemals über die Fälle des Richters gesprochen haben ...

Verheerende Optik

Der texanische Milliardär Harlan Crow (74) hat seinen Freund, Clarence Thomas (74) über Jahre hinweg immer wieder auf luxuriöse Reisen eingeladen und ist für Ausgaben aufgekommen, die alleine bei einem Urlaub 2019 mehr als eine halbe Million Dollar überstiegen haben dürften. Die Investigativ-Plattform ProPublica zeichnete viele der Reisen und Zuwendungen akribisch nach. 

Der Bericht über die spendable Freundschaft des Milliardärs mit einem der einflussreichsten Personen der US-Justiz hat in den USA eine Debatte über Korruption und Einflussnahme ausgelöst. Die beiden Protagonisten sehen kein Fehlverhalten. Doch die Argumente, mit denen das längstdienende Mitglied des Supreme Court seine Unabhängigkeit untermauern will, beginnen zu bröckeln.

Die Optik ist für das Gericht verheerend. Rufe nach neuen Ethikregeln für Richter werden laut, noch lauter aber die Forderungen eines Rücktritts Thomas'. Nicht nur Demokraten fordern das, auch die Washington Post schrieb in einem Meinungsbeitrag "Richter Thomas sollte gehen. Sofort."

50-Meter-Jacht, Privatjet und Koch – kein Problem

Der oben erwähnte Urlaub 2019 enthielt die An- und Abreise nach Indonesien per Privatjet, Island Hopping auf einer 50-Meter-Jacht samt Bediensteter und Privatkoch. Für Thomas, mit einem Jahresgehalt von 285.000 Dollar, ist das eigentlich kaum leistbar. Mit einem Freund wie dem Milliardär Crow aber kein Problem. Offengelegt hat der Höchstrichter all das nie, obwohl er als Bundesrichter normalerweise Zuwendungen mit einem Wert von mehr als 415 Dollar deklarieren müsste.

Ehefrau verlangte, Wahlergebnis zu kippen

Schon länger bekannt sind andere Geldflüsse von Crow an die Thomas-Familie. So berichtete Politico 2011 etwa, dass Crow eine halbe Million Dollar an eine politische Gruppe, die Clarance Thomas' Ehefrau, Ginni Thomas, gegründet hatte, spendete. Von dieser Gruppe bezog sie ein Jahresgehalt von 120.000 Dollar. Die treue Trump-Unterstützerin geriet in Verbindung mit dem Sturm auf das Kapitol am 6. Jänner 2021 in die Schlagzeilen. Sie hatte von Mark Meadows, dem damaligen Stabschef des Weißen Hauses, mehrfach und nachdringlich verlangt, das Wahlergebnis und damit den Sieg Joe Bidens zu kippen.  

Clarence Thomas hatte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen in dem ProPublica-Bericht geäußert. Anfragen für den ursprünglichen Artikel ließ er unbeantwortet. Crow dagegen betonte, dass er und seine Frau bereits seit 1996 mit Clarence und Ginni Thomas befreundet seien und seine Zuwendungen lediglich Ausdruck einer Freundschaft sei, wie er sie mit vielen anderen auch führe. Man hätte nie ausstehende Fälle besprochen und Crow hätte nicht versucht, politischen oder juristischen Einfluss auszuüben.

Konservativer Hardliner

Nachdem der öffentliche Druck zu groß wurde, sah sich auch Clarence Thomas zu einer Stellungnahme gezwungen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass er die Zuwendungen eines persönlichen Freundes deklarieren müsste. Zudem verteidigte sich Thomas mit dem Argument, dass er nie mit Entscheidungen, die Crow betroffen hätten, betraut gewesen wäre. Tatsächlich entschied Thomas als Höchstrichter über Fälle einer konservativen Organisation, die Crow nahesteht. Umgekehrt unterstützte Crow Organisationen, die beim Supreme Court für oder gegen Entscheidungen lobbyierten. 

Wie es mit Clarence Thomas weitergeht, ist unklar, ein Schlupfloch bei den Ethik-Regeln für Bundesrichter könnte ihm zumindest rechtlich zugutekommen. Er selbst zeigt derzeit nicht die Absicht, von sich aus zurückzutreten.

Der erzkonservative Thomas und Crow lernten sich kurz nach der Bestellung Thomas' zum Höchstrichter kennen und haben über die Jahre eine Freundschaft entwickelt. Eine Freundschaft so eng, dass Crow über seine Firma 2014 ein Haus und zwei Grundstücke in Georgia kaufte, die Thomas, seiner Mutter und der Familie seines verstorbenen Bruders gehörten, wie nun auch bekannt wurde. Crow ließ das Haus aufwendig renovieren, Thomas' Mutter lebte noch heute dort. Auch diesen Verkauf um 133.363 Dollar gab der Richter nicht an.