Er übernimmt eine absolute Schlüsselrolle in der derzeitigen Pandemiebekämpfung: Sajid Javid ist der neue Gesundheitsminister Großbritanniens, das von der Delta-Variante des Corona-Virus stark betroffen ist. Javid musste sich rasch entscheiden – er springt ein für Matt Hancock, der am Samstag nach einer Kuss-Affäre ohne Abstandswahrung seinen Rücktritt als Gesundheitsminister einreichte.


Sajid Javid hat schon mehrere hohe Regierungsposten bekleidet. Der Sohn einer pakistanischstämmigen Einwanderer-Familie war der erste asiatischstämmige Brite und der erste mit muslimischem Hintergrund, der mit dem Amt des Finanzministers einen der führenden Posten Großbritanniens übernahm. Zudem war er Innen- und Wirtschaftsminister.

Vor dem Wechsel in die Politik arbeitete er als Investmentbanker bei der Deutschen Bank. Im Februar letzten Jahres überwarf er sich mit Premier Boris Johnson. Jetzt ist er an zentraler Stelle wieder zurück im Kabinett, um „die Schlacht gegen Covid zu schlagen“ und zugleich das Gesundheitswesen grundlegend zu reformieren.

Allerdings: Worüber Javid nicht verfügt, ist Erfahrung im Gesundheitsbereich. Die Opposition kritisiert, Javid fehle jegliche Kenntnis der Lage des Nationalen Gesundheitsdienstes (NHS). Dieser steckt in ernsthaften Schwierigkeiten. Die neue Corona-Welle muss von den Kliniken erst noch aufgefangen werden. Beim Test-and-Trace-System hapert es. Ärzte, Pfleger und Krankenschwester sind weithin überfordert. Viele haben, auch weil sie sich völlig unterbezahlt fühlen, den Gesundheitsdienst verlassen.



Dass es Javid gelingt, dieser aktuell größten Herausforderung britischer Politik Herr zu werden, wird von seinen Kritikern bezweifelt. Sie argumentieren, der Ex-Banker, der sich einmal als begeisterter „Thatcherist“ bezeichnete, habe die Austeritäts-Politik mehrerer Tory-Regierungen mitgetragen, die die finanzielle Basis des Gesundheitswesens untergraben habe.