Im September wird in Russland ein neues Parlament gewählt, und eines zeichnet sich jetzt schon ab: Alexej Nawalny und seine Mitstreiter werden dabei nur Zuschauer sein - einige von ihnen möglicherweise vom Gefängnis aus. Nachdem der Kreml-Kritiker selbst seit vier Monaten im Straflager sitzt, droht jetzt auch seiner Organisation das Aus: Vor einem Gericht in Moskau beginnt am heutigen Montag die Hauptverhandlung in einem Prozess, in dem Nawalnys Netzwerk Extremismus vorgeworfen wird.

Das Verfahren zielt vor allem auf Nawalnys Stiftung gegen Korruption (FBK), auf eine Nachfolgestiftung sowie regionale Vertretungen Nawalnys. Seine Stiftung hatte immer wieder mit Videos für Aufsehen gesorgt, in denen Korruption in den höchsten Staatsämtern angeprangert wurde; zuletzt war Kreml-Chef Wladimir Putin selbst darin vorgeführt worden - er soll hinter einem Luxus-Palast am Schwarzen Meer stehen. Der Kreml bestreitet dies.

Bei einer Verurteilung, mit der angesichts der bisherigen Urteile zu rechnen ist, kämen diese auf eine Verbotsliste des Justizministeriums. Den Organisationen droht die behördliche Zerschlagung, ihre Mitarbeiter müssen mit langen Haftstrafen rechnen. Keiner der Nawalny-Mitstreiter dürfte bei den Wahlen kandidieren.

Letzteres wurde im Grunde schon mit einem neuen Gesetzesentwurf Anfang Mai eingeleitet: Dieser sieht einen jahrelangen Entzug des passiven Wahlrechts für Mitglieder extremistischer Organisationen vor. Das könnte bald viele Nawalny-Unterstützer betreffen. Führungspersonen solcher Organisationen verlieren auf fünf Jahre das Recht, sich in die Staatsduma wählen zu lassen. Einfache Mitglieder, aber auch Personen, die als extremistisch eingestufte Organisationen mit Spenden oder beratend unterstützen, verlieren auf drei Jahre das passiven Wahlrecht. Das Verbot soll rückwirkend für jede Mitarbeit in Nawalny-Strukturen innerhalb von drei Jahren und jede Hilfe binnen eines Jahr vor der Extremismus-Einstufung gelten. 

Einschüchterung

Nawalnys Stärke lag unter anderem darin, dass er auch in den Regionen effiziente Strukturen ausgebaut hatte; sie hatten bei Regionalwahlen auch tatsächlich Erfolge gegen die Kreml-Partei errungen. Darin war es anderen Oppositionsparteien deutlich voraus. Beobachter gehen davon aus, dass dieser finale Schlag gegen Nawalnys Organisationen auch andere Oppositionsgruppen einschüchtern soll.