Er wollte der sein, der die Union in neue alte Höhen führt, der einen neuen Politikstil nach der Ära Merkel verkörpert, der CDU und CSU gemeinsam wieder in das konservative Segment des politischen Spektrums zurückführt. Kurzum, Markus Söder hielt sich für den Einzigberufenen und dachte – nachdem er sich extrem lange (vielleicht zu lange) bitten ließ – nun als eine Art Erlöser über die CDU zu kommen und dann stante pede ins Kanzleramt zu marschieren. Doch er hat die Rechnung ohne die strukturverknöcherte CDU gemacht, die überall in Deutschland regiert, nur nicht in Bayern.

Es sind nicht einmal die Preußen, die den Franken verhindern, der Bayern regiert und die CSU führt. Es sind vor allem jene, die nicht nur auf Umfragen setzen, sondern auf die wichtigste Basis einer repräsentativen Demokratie: die gewählten Organe. Und dort hat Armin Laschet als gerade erst ins Amt gekämpfter Parteivorsitzender die Loyalität seines Präsidiums und Vorstandes angemahnt. Viele haben in dieser Loyalitätsfalle natürlich auf den Frischgewählten gesetzt, weil sie weder den eigenen Parteivorsitz noch den Ministerpräsidenten des bevölkerungsreichsten Bundeslandes Nordrhein-Westfalen massiv schwächen wollten. Und weil für sie das Wort zählt. Denn Vertrauen ist für die Politik die wichtigste Währung. Diese Komponente hat Söder unterschätzt. Zudem wurde er selbst fast wortbrüchig, hatte er doch gesagt, er akzeptiere die Entscheidung der CDU, nur um sie doch umgehend anzuzweifeln. Ein denkbar schlechter Start für jemanden, der eine der wichtigsten Industrienationen der Welt führen will. Söder war sich seiner Kraft zu sicher und hat zu sehr auf die Umfragen geschaut. Söder mag der Umfragekönig sein, aber er ist eben zu wenig Taktiker. Das hat sich nun gerächt. Weil Laschet hinter den Kulissen offensichtlich geschickter agiert.

Legitimer Machtkampf

Grundsätzlich hat der Bayer mit seinem Machtkampf ein legitimes Mittel gewählt. Politik ist immer Wettstreit der besten Ideen und am Ende entscheidet die Mehrheit, wer die besseren Ideen hat. Aber dazu gehören Kompromiss und das Akzeptieren einer Niederlage. Hier hat Söder zu lange gepokert und damit die Partei nachhaltig geschwächt. Es mag sein, dass nun viele Söder-Anhänger abspringen, die mit Laschet als Kanzlerkandidat nicht können. Aber noch mehr werden sich fragen, ob man der Union in dieser Schwächephase im Bund überhaupt genug vertrauen kann – nach 16 Jahren an der Macht.

Und hier kommt nun Angela Merkel ins Spiel. Sie hat sich zwar nicht in diesen Machtkampf eingemischt, ist auffallend neutral geblieben, aber sie hat zuvor über Jahre einen geordneten Übergang in ihrer Partei und vor allem im Zusammenspiel mit der Schwesterpartei in München verzögert. Ihre auserkorene Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer war der Aufgabe nicht gewachsen. Ihre langjährige Vertraute Ursula von der Leyen ist von ihr nach Europa empfohlen worden – und agiert doch auch nicht immer mit überbordendem Geschick. Es wirkt eher so als wenn alle Ambitionierten ausgebremst wurden – vielleicht hat sich in ihren Augen ja niemand wirklich für das große Amt empfohlen.

Gleichwohl, Merkel trägt an diesem Bruchbild der Partei eine gehörige Mitschuld. Insofern zeigt der Aufstieg von Armin Laschet einige Parallelen zum Start von Merkel. Er hat immerhin in diesem Machtkampf Standfestigkeit bewiesen, auch wenn er nicht aller Welt Darling ist. Das könnte ein guter Anfang für den Aachner sein. Auf der Weltbühne ist so jemand gefragt. Einer, der sich nicht von jeder Umfrage treiben lässt bei seinen Entscheidungen. Damit ist er Merkel durchaus ähnlich. Und was aus ihr dann auf der Weltbühne wurde, ist ja hinlänglich bekannt.