Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) wies am Sonntag bei einem Besuch in Schirnding an der tschechischen Grenze Kritik an den strikten Einreisebeschränkungen an den Grenzen zu Tschechien und Österreich zurück. Die Kontrollen bedeuteten nicht das Ende des freien Europas, wie manche sagten. "Was für ein Unsinn", sagte Söder. Er sei überzeugt, dass es Europa stärke, wenn es gelinge, eine neue Corona-Welle zu verhindern.

Zuvor hatte die heimische Regierung die verschärften Einreiseregeln scharf kritisiert. Sowohl Innenminister Nehammer als auch ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg äußerten am Sonntag Unverständnis: „Die De-facto-Sperre des großen und kleinen deutschen Ecks für Österreicherinnen und Österreicher ist absolut inakzeptabel. Diese Maßnahme von Bayern ist unausgegoren und löst nur Chaos aus“, so Nehammer in einer Stellungnahme. Zudem wurde der deutsche Botschafter Ralf Beste, zum Gespräch in das Außenministerium bestellt.

In einem Gespräch mit dem deutschen Botschafter in Wien hat Österreich erneut gegen die von Deutschland am Sonntag eingeführten strikten Einreisekontrollen an der Grenze Tirol-Bayern protestiert. Bei dem Treffen auf hoher Beamtenebene am Sonntagabend in Wien habe man noch einmal darauf hingewiesen, dass die "extrem strengen" Maßnahmen "unverhältnismäßig" seien, hieß es am Montag aus dem Außenministerium. Deutschland verteidigte die Kontrollen indes als "leider notwendig".

Ziel der Grenzkontrollen ist es aus Sicht Deutschlands, das Einschleppen von ansteckenderen Varianten des Coronavirus über die Grenze einzudämmen. Sowohl in Tschechien als auch in Tirol sind diese Varianten deutlich stärker verbreitet als in Deutschland. Deshalb dürfen aus den betroffenen Gebieten derzeit nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gab es zunächst für Ärzte, Kranken- und Altenpfleger, Lkw-Fahrer und landwirtschaftliche Saisonkräfte.

Künftig sollen nun aber auch Berufspendler einreisen dürfen, die gebraucht werden, um die Funktionsfähigkeit ihrer Betriebe in systemrelevanten Branchen aufrecht zu erhalten. Sie müssen dafür bis einschließlich Dienstag ihren Arbeitsvertrag dabei haben. Danach sollen die Länder Bayern und Sachsen Betriebe als systemrelevant definiert und individuelle Bescheinigungen ausgestellt haben, die an der Grenze vorgezeigt werden sollen.

Tschechien: Dramatisch hohe Zahlen

Tschechien verhängte seinerseits am Abend wegen der dramatisch hohen Corona-Infektionszahlen erneut einen Notstand. Er gelte von Montag an für 14 Tage, teilte die Minderheitsregierung unter Ministerpräsident Andrej Babis mit. Man entspreche damit einer Bitte der Vertreter aller 14 Verwaltungsregionen einschließlich der Hauptstadt Prag.

Voraussetzung für die Einreise der Mitarbeiter ist aber weiter ein maximal 48 Stunden alter negativer Test, zudem müssen sie sich digital vor der Einreise anmelden.

Angst vor Arbeitskräftemangel

Viele Betriebe hatten befürchtet, am Montag nicht wie gewöhnlich produzieren zu können. Denn allein in Bayern arbeiten nach den aktuellsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) 22.000 Tschechen und 9.600 Österreicher, viele davon im verarbeitenden Gewerbe.

Die Autoindustrie sieht trotz der Erleichterungen Probleme - vor allem, weil auch Lkw-Fahrer einen aktuellen Coronatest vorlegen müssen. Diese Testpflicht sei so kurzfristig gar nicht umzusetzen, erklärte der Branchenverband VDA. Weil die Maßnahmen so kurzfristig gekommen wären, hätten die Werke sich keine Zulieferkomponenten auf Vorrat legen können. Die Automobilproduktion werde ab Montagmittag deshalb größtenteils zum Erliegen kommen. "Die Werke in Ingolstadt, Regensburg, Dingolfing, Zwickau und Leipzig sind als erste betroffen."

Nach Einschätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) werden sich die mutierten Viren auch in Deutschland nach und nach ausbreiten, dies soll aber verlangsamt werden.