Bosniens mächtigster Strippenzieher verliert die Fassung. Der Hohe Repräsentant der Internationalen Gemeinschaft Valentin Inzko sei ein „Schurke“ und „gefährlicher pathologischer Lügner“, der die „serbische Nation hasst“, wütet Milorad Dodik, das serbische Mitglied im dreiköpfigen Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina: „Jeder Serbe sollte von ihm den Kopf abwenden.“

Der Grund seines Grolls über den österreichischen Diplomaten: Inzkos Aufforderung an das Parlament des Teilstaats der Republika Srpska, innerhalb von drei Monaten die 2016 verliehenen Auszeichnungen für die vom UN-Tribunal in Den Haag rechtskräftig verurteilten Kriegsverbrecher Radovan Karadzic, Biljana Plavsic und Momcilo Krajisnik zurückzunehmen.

Vergleich mit Erstem Weltkrieg

Die Österreicher hätten „schon früher Ultimaten gestellt“ und damit „der serbischen Nation enormen Schaden zugefügt“, fühlt sich der bosnische Serbenführer gar an den Ausbruch des Ersten Weltkriegs erinnert. „Wir verloren 35 Prozent unserer Bevölkerung und 50 Prozent unserer Armee, aber die Österreicher ihren Staat - Österreich-Ungarn.“

In der Aufforderung zur Aberkennung der Auszeichnungen wittert Dodik denn auch einen „Racheakt“, mit dem der Hohe Gesandte „die Serben einschüchtern“ wolle. Doch die Mehrheit der Fraktionen im Teilstaatparlament werde diese Forderung zurückweisen: „Inzko hat kein Recht, sich einzumischen.“

Inzko im Recht

Doch dieses Recht hat der Hohe Repräsentant (OHR) als eine Art Aufpasser der Internationalen Gemeinschaft im Vielvölkerstaat seit Ende des Bosnienkriegs (1992-1995) sehr wohl. Von seinen umfangreichen Vollmachten hat der seit 2009 amtierende Inzko in den letzten Jahren zwar kaum Gebrauch gemacht. Doch kurz vor seiner erwarteten Ablösung durch den deutschen CSU-Politiker Christian Schmidt zeigt der vermeintliche Papiertiger noch einmal Zähne.

Schon im Dezember hatte Inzko die Entfernung einer 2015 von Dodik installierten Plakette zu Ehren von Radovan Karadzic an einem nach diesem benannten Studentenheim in Pale erzwungen. Nun will er vor seinem erwarteten Abschied auch noch die späte Rücknahme der Auszeichnungen für die bosnisch-serbischen Kriegsverbrecher wegen ihrer „Verdienste“ bei der Gründung der Republika Srpska erwirken.

Der aufgebrachte Dodik, der für die Abschaffung des OHR-Amts streitet, verliert auch über Inzkos mutmaßlichen Nachfolger Schmidt schon jetzt kein gutes Wort. Falls der Deutsche zum Hohen Repräsentanten ernannt werden sollte, sei dies  „eine rechtliche Vergewaltigung“, da die Republika Srpska „nicht gefragt“ werde, poltert der bosnische Serbe: „Wir werden ihm sagen, dass er unerwünscht ist, und dass wir nicht mit ihm kooperieren werden.“ Am 20.Januar hatte die deutsche Bundesregierung die Kandidatur des früheren Landwirtschaftsministers für das frei werdende Amt offiziell bestätigt.