Die Altersheime werden zu Leichenhallen“, titelt Spaniens größte Tageszeitung „El País“. 20 Tote innerhalb weniger Tage in einem Seniorenheim in Madrid. 15 Tote in einer Residenz in der zentralspanischen Stadt Ciudad Real. Aus anderen spanischen Altenheimen kommen ähnliche Horrormeldungen. „In den Seniorenhäusern spielt sich ein Drama ab“, schreibt das nationale Blatt „La Razón“. Nur die Spitze des Eisberges werde bekannt, heißt es, weil bei den verstorbenen Senioren oftmals nicht die genaue Todesursache untersucht werde.

Die Zahl der Verstorbenen klettert immer höher: Bis Sonntag wurden 1720 Tote registriert, bei denen das Virus Sars-CoV-2 nachgewiesen wurde. Ein Anstieg um 400 Fälle innerhalb von 24 Stunden. Die meisten Todesopfer gehören der älteren Generation an und hatten Vorerkrankungen. In vielen Heimen herrschen katastrophale hygienische Zustände. Das Pflegepersonal verfügt oft nicht über einfachste Schutzkleidung wie Mund-Nase-Masken oder Einweghandschuhe – das Virus breitet sich deswegen schnell aus.

„Spanien befindet sich derzeit in der dramatischsten Situation seit dem Bürgerkrieg“, sagte Regierungschef Pedro Sánchez. Der Bürgerkrieg tobte von 1936 bis 1939 und hinterließ Hunderttausende Tote auf den Schlachtfeldern. Sánchez stimmte die Spanier derweil darauf ein, dass der Höhepunkt der Corona-Epidemie noch nicht erreicht ist. „Das Schlimmste kommt noch“, prophezeite der Premier, dessen Ehefrau Begoña Gómez positiv getestet wurde. Das Virus breite sich weiter unkontrolliert im ganzen Land aus. „Wir müssen uns auf sehr harte Tage vorbereiten.“

Der Ausnahmezustand und die Ausgangssperre werden im ganzen Land nun bis mindestens Ostern verlängert. Dies werde die Regierung die kommenden Tage beschließen, kündigte Sánchez an. Nur zum Lebensmittelkauf oder zum Erreichen des Arbeitsplatzes dürfen die Menschen derzeit noch hinaus. Bei einer weiteren Zuspitzung der Lage wird seitens der Regierung auch die Schließung aller nicht existenziellen Produktionsstätten erwogen, so wie es in Italien am Wochenende verfügt wurde.

Bis Sonntagmittag stieg die Zahl der von den spanischen Behörden gemeldeten Infektionsfälle auf 28.600 – am stärksten betroffen sind die Regionen Madrid und Katalonien. Hinzu kommt eine sehr hohe Dunkelziffer. Immer mehr Hilferufe kommen aus Spaniens Krankenhäusern, die in den letzten Jahren unter einem massiven Sparkurs samt Bettenabbau litten, was sich nun rächt.

„Die Situation ist brutal“, berichtet eine Madrider Krankenschwester. „Wir sind überfüllt.“ Und eine Pflegekollegin aus Barcelona schreibt in einem offenen Brief: „Das hier ist wie der Dritte Weltkrieg, in dem wir als Soldaten an der Frontlinie stehen.“ Aber ein Kampf, in dem man keine Kugeln oder Granaten brauche, sondern vor allem Betten, Beatmungsgeräte und Schutzkleidung.