Nach den am Abend veröffentlichten Teilergebnissen haben Sánchez’ Sozialisten von dieser Wahlwiederholung nicht profitieren können. Eher im Gegenteil: Sie mussten mit leichten Verlusten rechnen und lagen bei 28,1 Prozent der Stimmen, das sind 120 der 350 Mandate, um drei weniger als bei der Wahl Ende April.

Der 47-jährige Pedro Sánchez, der seit April nur noch geschäftsführend im Amt ist, müsste sich also wieder links oder auch rechts seiner sozialdemokratisch ausgerichteten Arbeiterpartei (PSOE) Unterstützung suchen. Er braucht im Parlament eine Mehrheit, die eine Minderheits- oder eine Koalitionsregierung absegnen muss. Einen entsprechenden Pakt hatte er bereits nach den Wahlen im April, die er mit einem ähnlichen Ergebnis gewonnen hatte, angestrebt – aber ohne Erfolg. Deswegen musste nun die Parlamentswahl wiederholt werden.

Zum Gewinner der Wahl wurde die rechtspopulistische Partei Vox. Die europa- und fremdenfeindlichen Rechtspopulisten schafften den Aufstieg zur drittstärksten Kraft. Sie konnte die Zahl ihrer Sitze von 24 auf 52 mehr als verdoppeln. Die Rechtsaußenpartei plädiert für ein hartes Durchgreifen im Unabhängigkeitskonflikt in Katalonien und will die katalanischen Separatistenparteien verbieten lassen. Die linke Partei Podemos („Wir können“), potenzieller Bündnispartner der Sozialisten, musste sich auf leichte Einbußen einstellen und hält bei 35 statt bisher 42 Mandaten. Hinzu kommt im linken Spektrum die neue Podemos-Abspaltung Más País („Mehr Land“), die ebenfalls mit den Sozialisten kooperieren will und auf Anhieb drei Mandate schaffte.

Beinahe Gleichstand

Den progressiven Parteien steht ein etwa gleich starkes konservatives Dreier-Bündnis gegenüber, das von der konservativen Volkspartei (PP) angeführt wird. Die PP verzeichnete eine Steigerung von 66 auf 88 Mandate und konnte sich damit unter ihrem jungen Vorsitzenden, dem 38-jährigen Pablo Casado, klar erholen. Im April 2019 hatte die PP mit 16,7 Prozent das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte eingefahren.

PP, die rechtspopulistische Vox und die bürgerlich-liberale Partei Ciudadanos („Bürger“ – sie stürzte allerdings von 57 auf zehn Mandate ab und gilt als großer Verlierer) sind im Prinzip bereit, gemeinsam zu regieren – so wie sie es bereits in drei spanischen Regionen machen. Allerdings kommen sie zusammen nicht auf eine Mehrheit im nationalen Parlament. Zünglein an der Waage könnten erneut die katalanischen Separatisten sein. Sie wollen sich aber teuer verkaufen. Sie würden eher eine sozialistische als eine konservative Regierung unterstützen.

Bei der nunmehr vierten Wahl in vier Jahren ging die Wahlbeteiligung auf 69,9 Prozent zurück.