Der Chef der britischen Labour-Partei Jeremy Corbyn empfiehlt den sozialdemokratischen Parteien in Europa einen deutlichen Linksruck. Das machte Corbyn in einem Interview mit dem "Spiegel" (aktuelle Ausgabe) deutlich. Seine Partei habe eine "radikale Alternative" gewählt und damit großen Erfolg gehabt. Labour schnitt bei der jüngsten Parlamentswahl in Großbritannien 2017 verhältnismäßig gut ab.

Linke Parteien müssten sich die Frage stellen, ob sie weiter dulden wollten, "dass brutale Sparzwänge ein Wirtschaftssystem dominieren, das Reichtum in die falsche Richtung verteilt", betonte der 69-Jährige britische Oppositionschef. Den Aufstieg extrem rechtsgerichteter Parteien in Österreich und Deutschland findet Corbyn "verstörend".

Den Vorwurf, er dulde Antisemitismus in den eigenen Reihen, wies Corbyn entschieden zurück. Judenhass sei eine "widerliche Form des Rassismus" und müsse aus der gesamten Gesellschaft getilgt werden.

Anders als der ehemalige Labour-Premierminister Tony Blair glaubt Corbyn nicht, dass der Brexit noch einmal rückgängig gemacht werden kann. "Wir können den Brexit nicht mehr stoppen. Das Referendum hat stattgefunden, der Scheidungsprozess läuft", sagte Corbyn. Wäre er an der Regierung, würde er "eine neue und umfassende Zollunion mit der EU" anstreben, um Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem EU-Mitglied Irland sowie am Ärmelkanal zu vermeiden.