Nur zwei Tage nach der Aufkündigung des Atom-Deals hat die US-Regierung erstmals neue Sanktionen gegen den Iran verhängt. Mit der Maßnahme solle die Geldversorgung der Revolutionsgarden unterbunden werden, erklärte Finanzminister Steven Mnuchin am Donnerstag. Wie das Finanzministerium in Washington mitteilte, sind davon sechs Personen mit mutmaßlichen Verbindungen zur Al-Kuds-Einheit der Revolutionsgarden betroffen. Mittelsmänner des iranischen Regimes und der Zentralbank hätten in den Vereinigten Arabischen Emiraten örtliche Währung im Wert von mehreren Millionen US-Dollar für die Revolutionsgarden gewechselt, fügte Mnuchin hinzu. Mit dem Geld seien terroristische Aktivitäten der Al-Quds-Brigaden (Al-Kuds-Brigaden), der Eliteeinheit der Revolutionsgarden, finanziert worden.

Zudem wurden demnach drei Firmen auf die Liste gesetzt. US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstag den Rückzug seines Landes aus dem Atomabkommen mit dem Iran bekanntgegeben und der Führung in Teheran unter anderem vorgeworfen, den Terrorismus zu unterstützen. Die Al-Kuds-Brigaden  wurden zuletzt von Israel für einen Beschuss der Golanhöhen verantwortlich gemacht.

Festhalten an Abkommen bekräftigt

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zuvor in einem Telefonat mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani bekräftigt, wie auch Frankreich und Großbritannien an dem Atomabkommen mit dem Land festzuhalten. Dafür müsse aber auch die Regierung in Teheran ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen weiter erfüllen. Nach Angaben von Regierungssprecher Steffen Seibert spracht die Regierungschefin am Donnerstagnachmittag mit Rouhani. Die Kanzlerin sprach sich demnach dafür aus, im erweiterten Kreis beteiligter Staaten Gespräche mit dem Iran zu dessen ballistischem Raketenprogramm sowie zu seinen Regionalaktivitäten unter anderem in Syrien und Jemen aufzunehmen. Merkel verurteilte Seibert zufolge zugleich die nächtlichen iranischen Angriffe auf israelische Militärstellungen auf den Golanhöhen und forderte den Iran auf, zur Deeskalation in der Region beizutragen. Deutschland zählt zu den Unterzeichnerstaaten der Vereinbarung mit dem Iran.

Iran will Verpflichtungen nachkommen

Der Iran will nach Angaben Russlands seinen Verpflichtungen aus dem Atomabkommen weiterhin nachkommen. "Wir haben eine entsprechende Zusicherung von der iranischen Seite bekommen", sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Riabkow in Teheran. Er habe sich zuvor mit seinem iranischen Kollegen getroffen, teilte das Außenministerium mit. Moskau gehört zu den sechs Unterzeichnerstaaten der Vereinbarung mit dem Iran, an der alle, außer den USA, festhalten wollen. Besonders Deutschland, Frankreich und Großbritannien seien als Unterzeichnerstaaten jetzt in der Pflicht, sich für die Wahrung des Abkommens einzusetzen, sagte Riabkow der Agentur Tass. "Jetzt müssen wir alle gemeinsam den Deal retten."

Im Iran mehrten sich unterdessen jedoch die Stimmen, die an einem Fortbestand des Atomabkommens zweifeln. Die europäischen Staaten hätten nicht genug Macht, das Abkommen noch zu retten, sagte der stellvertretende Kommandant der Revolutionsgarden, Brigadegeneral Hossein Salami, der halbamtlichen Nachrichtenagentur FARS zufolge. "Europa kann nicht unabhängig beim Atomabkommen handeln." Den Feinden des Iran gehe es nicht um eine militärische Konfrontationen, sagte Salami. Sie wollten durch wirtschaftliche Isolation Druck ausüben. "Widerstand, nicht Diplomatie, ist der einzige Weg, diesen Feinden entgegenzutreten", zitierte FARS den General der Elitetruppe.

Schon am Mittwoch hatte der oberste Führer des Iran, Ayatollah Ali Khamenei, mit Blick auf die Europäer erklärt: "Ich traue diesen Staaten auch nicht." Deutschland, Frankreich und Russland stellten sich am Donnerstag erneut demonstrativ hinter das Abkommen. Die USA suchen unterdessen das Gespräch mit ihren Verbündeten, um Regierungskreisen zufolge ebenfalls Druck auf den Iran auszuüben. Ziel seien die Grundlagen für einen neuen Vertrag. Präsident Rohani hatte erklärt, sein Land halte an dem Vertrag fest und werde mit den anderen Unterzeichnerstaaten verhandeln. Europa habe aber nur "eine sehr begrenzte Gelegenheit", das Abkommen zu erhalten, meinte aber auch er. Der Iran stehe bereit, die Entwicklung von Atomtechnologie nach Gesprächen mit den EU-Vertretern wieder aufzunehmen.

USA beharren auf Fortsetzung der Atom-Kontrollen

Trotz ihres Ausstiegs aus dem Atomabkommen beharren die USA auf der Fortsetzung der internationalen Kontrollen der iranischen Nuklearanlagen im bisherigem Umfang. Washington erwarte, dass Teheran weiter mit der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) kooperiere, sagte ein US-Regierungsmitarbeiter am Donnerstag in Washington der Nachrichtenagentur AFP.

Dies gelte unabhängig davon, ob das Atomabkommen "in Kraft bleibt oder nicht". Die Regierungen der an der Vereinbarung von 2015 beteiligten europäischen Staaten - Deutschland, Frankreich und Großbritannien - haben angekündigt, dass sie trotz des US-Ausstiegs an dem Abkommen festhalten wollen. Aus Teheran kommen indessen bisher gemischte Signale zur Zukunft der Vereinbarung.

Auf Grundlage des Abkommens hatte der Iran umfassende Inspektionen seiner Nuklearanlagen durch die IAEA zugelassen. Hunderte solcher Kontrollbesuche fanden in den vergangenen drei Jahren statt. Dennoch begründete US-Präsident Donald Trump am Dienstag seine Aufkündigung des Abkommens damit, dass die Kontrollen nicht ausreichten. Die IAEA stellte fest, dass der Iran im Einklang mit dem Atom-Deal handle.

Der Regierungsmitarbeiter stellte mit seinen Aussagen klar, dass Trumps Entscheidung nicht etwa zu einem Ende der bisherigen Inspektionen führen dürfe. Teheran müsse sich an das sogenannte Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag halten, forderte er. Dieses Protokoll regelt den bisherigen Umfang der IAEA-Inspektionen im Iran.

Teheran hatte im Rahmen des Atomabkommens die Anwendung dieses Protokolls akzeptiert. Dies hatte der Iran in den Jahren vor dem Abkommen noch verweigert. Ohne das Zusatzprotokoll sieht der Atomwaffensperrvertrag, dem der Iran seit 1970 angehört, Inspektionen in deutlich geringerem Umfang vor.

Sorge auf dem Ölmarkt

Auf dem Ölmarkt wächst unterdessen die Nervosität. Nach Einschätzung der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) dürfte sich der Ausfall der iranischen Ölexporte im Sog neuer US-Sanktionen aber erst mit Verzögerung auf die Angebotslage auswirken. Noch sei es zu früh, um zu sagen, ob die Fördermenge zum Ausgleich der möglichen iranischen Ausfälle erhöht werden müsse, hieß es in Kreisen des Ölkartells.

Teheran will Öl exportieren wie gehabt

Der Iran erwartet nach dem Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen nach eigenen Angaben keine Auswirkungen auf die Ölexporte. Wenn es Auslandsinvestitionen in die Ölbranche gebe, werde das deren Entwicklung beschleunigen, sagte Ölminister Bijan Zangeneh am Donnerstag im staatlichen Fernsehen. "Wenn nicht, werden wir auch nicht sterben."