Vor Beginn des EU-Verteidigungsrats in Luxemburg sagte Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ), er sei Realist. "Ich muss jene Maßnahmen setzen, die geboten sind", auch Grenzkontrollen am Brenner. Ein zentrales Thema bei den Gesprächen dürfte die geplante Ausweitung der Marineoperation vor Libyen sein.Wenn man auf die Geschichte verweise, "müssen wir auch die kurzfristige Geschichte des vergangenen Jahres" betrachten, spielte Doskozil auf die hohen Flüchtlingszahlen an. Er werde beim Rat auch mit der italienischen Verteidigungsministerin Roberta Pinotti reden und dabei werde sicher auch die Brenner-Causa behandelt.

Ein Hauptthema bei der Bekämpfung der Flüchtlingsströme sei beim Verteidigungsministerrat die Lage in Libyen. Beim gemeinsamen Treffen von Außen- und Verteidigungsministern der EU am Montagabend habe sich sehr wohl etwas weiterbewegt, sagte Doskozil. Die maritime Diskussion, die es derzeit gebe, soll um eine Trainingsmission für die libysche Küstenwache erweitert werden.

Dies sei ein erster richtiger Schritt, so Doskozil, aber nicht der finale. Es gehe darum, Menschenleben zu retten. Hunderte Tote im Mittelmeer "können wir nicht akzeptieren, da muss man Maßnahmen ergreifen". Die Gemeinschaft müsse solche Entwicklungen verhindern.

Das Treffen steht auch unter dem Eindruck des jüngsten Unglücks im Mittelmeer mit offenbar Hunderten Vermissten. Immer wieder kommt es bei Fluchtversuchen über das offene Meer zu tragischen Unfällen.

Es sei aber derzeit zu früh, dass Europa mitwirke, wie in libyschen Gewässern Flüchtlinge zurückgedrängt werden. Derzeit gehe es nur um die Ausbildung der libyschen Küstenwache. Zu der von ihm präsentierten Initiative von zentraleuropäischen Staaten für eine Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise sagte Doskozil, dabei gehe es um eine horizontale Mission, die ständig eingerichtet werden solle, zivil, militärisch und polizeilich, und die bei Bedarf abgerufen werden solle. Dabei könne es um Grenzkontrollen oder humanitäre Situationen gehen, aber auch die Betreibung von Hotspots.

Es sei aber heute verfrüht, bereits zu sagen, wie viel Personal und Material welcher Staat zur Verfügung stelle. Dies ergebe sich im Einzelfall. Aber "Österreich würde sich mit Sicherheit beteiligen, weil die ureigenste Forderung ist, die Außengrenzen in Europa zu schützen", betonte der Minister.

Libyen ist "Schlüsselland"

Auch die deutsche Verteidigungsministerin Ursula Van der Leyen bezeichnete Libyen als "Schlüsselland bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise". Beim gemeinsamen Treffen mit den EU-Außenministern Montagabend habe es gute Gespräche mit dem libyschen Premier Fayez Seraj gegeben.

Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula Von der Leyen im Gespräch mit mit Kommission-Vizepräsidentin Federica Mogherini (links) und der niederländischen Amtskollegin Jeanine Hennis Plasschaert.
Die deutsche Verteidigungsministerin Ursula Von der Leyen im Gespräch mit mit Kommission-Vizepräsidentin Federica Mogherini (links) und der niederländischen Amtskollegin Jeanine Hennis Plasschaert. © APA/AFP/JOHN THYS

Aber "entscheidend ist, dass Libyen selber formuliert, welche Form der Hilfe" es brauche, gegebenenfalls in den eigenen Territorialgewässern. Bei der Videokonferenz mit dem Premier sei es um eine breite Unterstützung der EU für die Stabilisierung des Landes gegangen, von wirtschaftlicher Hilfe bis zum Aufbau von Sicherheitsstrukturen.

Die Grundvoraussetzung für eine Ausweitung der Mittelmeermission sei jedenfalls eine Einladung der libyschen Regierung in territoriale Gewässer. Gestern sei noch nicht darüber gesprochen worden. Hier gebe es viele offene rechtliche Fragen, die noch zu klären seien.

Kampf gegen IS

Libyen sei aber auch bei der Bekämpfung der Terrororganisation Islamischer Staat wesentlich. "Wir brauchen Libyens ganz konkrete Unterstützung auch in der Frage, wer aus der libyschen Mitte heraus zur Verfügung steht, um den Islamischen Staat zu bekämpfen". Wie dabei die Ausbildung und der Aufbau von Sicherheitsstrukturen gelingen könne, müsse aber Libyen selber beantworten.

Van der Leyen betonte ferner, dass für Europa nicht nur die Türkei ein wichtiger Nachbar sei, sondern "Nordafrika mindestens ebenso wichtig" bei der Bekämpfung der Flüchtlingskrise. Im Grundsatz gelte für Europa, wenn die Außengrenzen gesichert werden sollen, müsste auch mit weiteren Nachbarn konkrete Verabredungen getroffen werden.

Zum bevorstehenden Treffen des NATO-Russland-Rats sagte die deutsche Verteidigungsministerin, dies sei ein guter Schritt. Es sei gut, wenn man sich zusammensetzt und miteinander rede. Dies sei der wichtigste Anfang überhaupt, um gemeinsam Aktivitäten entfalten zu können.